Zusammenfassung
Karlburg (Rusovce) – das römische Kastell Gerulata und dessen Hinterland
Jaroslava Schmidtová
Das Gebiet von Karlburg (Rusovce) lag in der Römerzeit an der Nordgrenze der Provinz Pannonien, an einem der Donauarme. Direkt im Innenbereich der heutigen Gemeinde, seit 1972 eines Stadtteils von Pressburg, befand sich das Hilfstruppenkastell Gerulata, das erste in der Befestigungslinie Carnuntum – Ad Flexum. Von Carnuntum war es etwa 14 km entfernt, seine Bestimmung war es, den östlichen Flügel dortiger Legionen zu schützen. Für das Hinterland des Militärlagers Gerulata ist Zivilansiedlung auch durch Gehöfte und mehrere Gräberfelder belegt, es befand sich hier wohl auch eine Furt, vielleicht auch ein Hafen. Den Namen Gerulata übernahmen die Römer vermutlich von der einheimischen keltischen Bevölkerung.
Es erscheint naheliegend, dass an der Errichtung des Kastells Gerulata die Besatzungseinheiten aus Carnuntum und Vindobona teilhatten. Am häufigsten sind Stempelmarken der X., XIIII. und XV. Legion erhalten. In die Zeit der Kastellgründung legt Vladimír Varsik die Präsenz und die Aktivität der V. Kohorte (Cohors V Callaecorum Lucensium). Nachgewiesen ist derorts auch das Wirken der Einheiten der II. Legion, V. Kohorte, XVIII. Kohorte und I. Reiterkohorte von Bogenschützen. Aus dem 4. Jh. ist, dank Ziegeln mit dem Namen eines hohen Offiziers des Kaisers Valentinian, der Tempsonius Ursicinus hieß, ein wichtiges Zeugnis überliefert. Er leitete hier die Bauarbeiten am Limes vor Ort; mit seinem Namen ist die Renovierung des Limes verbunden. Über die Präsenz der I. Reiterkohorte der Bogenschützen in Gerulata informiert uns auch eine schriftliche Quelle Notitia Dignitatum aus dem 4. Jh.: „Der Führung des ehrwürdigen Kommandanten vom Ersten Pannonien (Pannonia prima) und Ufer-Noricum (Noricum Ripense) unterliegen [...] Reiterbogenschützen in Gerulata…". Die Einheit mit dem Heimatrecht in Gerulata war die Reitereinheit von Cananefaten. Die Präsenz dieser Einheit wird mit Inschriften auf den in der Ortslage Bergl gefundenen Steinaltären belegt. Außergewöhnlich ist ein Fund eines Fragmentes einer Tegula mit Inschrift der Cananefaten-reiter, bislang das erste und einzige Fundstück. Aus Gerulata stammen ebenso Stempelmarken ziviler Ziegeleien. Direkt aus dem Kastell stammen drei Ziegel mit der Stempelmarke ATILIAE FIRMAE, welche für Erzeugnisse eines privaten Zieglers (tegelarius) aus Carnuntum gehalten werden. Ein weiterer privater Ziegler stempelte seine Ziegel mit der Stempelmarke C.I.IVL. Eine dritte Stempelmarke, welche einem privaten Ziegler (tegelarius) namens Gaius Valerius Constans aus Carnuntum gehörte, wurde nicht im Kastellareal aufgefunden, sondern in einer Ziegelgruft auf dem Gräberfeld II, auf einem Ziegel in der Oberflächenkanalisation bei einem Haus mit Bodenbeheizung, und auch direkt in Steinfundamenten von Mauern in den Bauten I und II im Areal einer Villa rustica in der Gemarkung von Sarndorf (Čunovo). In einem Kanal des Heizraums in einem Bau mit Bodenbeheizung befand sich eine weitere Stempelmarke mit Signatur einer privaten Ziegelei: OF PLSF, welche in die dritte Bauperiode der Stadtsiedlung Carnuntum, datiert an die Wende vom 2. zum 3. Jh., fällt.
Kastell Gerulata
Die ältesten Funde aus der Römerzeit sind bereits aus den alten Grabungen der magyarischen Archäologen Ágoston Sőtér und Aladár Radnóti bekannt. Nach 1947 folgten slowakische Archäologen (Vojtěch Ondrouch, Ľudmila Kraskovská) nach Karlburg (Rusovce). Größere Aufmerksamkeit wurde Gerulata erst in den 1960er Jahren gewidmet, als bei Bodenabtragungen in der Ortslage Bergl ein Pfeiler eines spätrömischen Befestigungswerks aufgefunden wurde. 1990 wurde eine Bausperre bezüglich der Denkmalzone (Barockhäuser in der Straße „Balkánska ulica") auf der Hauptstraße aufgehoben, was neue Gelegenheiten für weitere Untersuchungen mit sich brachte.
Die Lage und den Umfang des Kastells in der ersten Bauphase markiert der Verlauf eines doppelten Verteidigungsspitzgrabens. In der Straße Maďarská ulica 68 und 69 wurden der südwestliche Verlauf des Grabens in der Länge von 27m und auch die Südecke erfasst. Die Nordecke dieses Verteidigungsgrabens wurde erst 2006/2007 im Areal des Gerulata-Museums untersucht. Von der Innenbebauung wurden Reste eines Kasernenbaus in der Straße „Gerulatská ulica" 65 untersucht. Freigelegt wurden vier Räumlichkeiten in zwei Parallelreihen mit kleinen Beheizungsöfen. Die Befunde zeigen auf, dass die Gräben des Holz-Erde-Lagers erst im Laufe des 2. Jhs. irgendwann im Zeitalter der Antoninen, um das Jahr 170 n. Ch. zugeschüttet wurden.
Vom Ausmaß und der urbanistischen Lösung des Steinkastells der zweiten Bauphase gibt es nur wenige Kenntnisse. Bestandteil seiner nördlichen Verteidigungslinie könnten die Reste eines Doppelgrabens, der in der Straße „Maďarská ulica" 14 (Parzelle 114/1) in der nächsten Nähe der St. Magdalenenkirche erfasst wurde, sowie die in der Ortslage Bergl 2006-2007 untersuchten Gräben gewesen sein. Zur Innenbebauung des Kastells des 2. Jhs. am Bergl gehören laut Autoren von Ergänzungsgrabungen ebenso die 45cm bis 60cm breiten Mauern Nr. 3, 4 und 10 im Areal eines Quadratbaus.
Die dritte Bauetappe des Kastells wird repräsentiert durch ein flächenmäßig verkleinertes, fast quadratisches und mit einer gewaltigen Steinbefestigungsmauer umfriedetes Kastell. Dessen Torso wurde freigelegt in der Ortslage Bergl, unter dem Pfarrspeicher südlich des Museumsareals und vermutlich im Kellerraum des Hauses auf der Parzelle Nr. 61. Bislang blieben die Funktion und die Datierung der Mauern Nr. 11 und 12 in der Ortslage Bergl unbekannt. Die Mauer Nr. 11 könnte den Zugang zum Hafen gesichert haben. An der Nordfront des Kastells wurde ein Grundgraben mit einem kleinen Torso des römischen Steinbefestigungswerks in senkrechter Orientierung zum Verlauf der Wehrmauer (also Richtung N – S) freigelegt. Möglicherweise handelte es sich hierbei um ein Tor.
Als vierte Bauetappe kann eine spätantike Festung – Burgus – definiert werden, welche durch Einbauen in die Ecke einer älteren Bauwerkskonstruktion entstand. Der Turm hatte zwölf gewaltige Pfeiler, welche einen Burghof umrahmten. Dieses turmartige Restkastell wurde, wie auch anderswo am Donaulimes üblich, wahrscheinlich im Zuge der großangelegten Truppenabzüge im 4. Jh. in eine Ecke des früheren großen Kastells eingebaut. Anhand der Tiefe von Grundmauern der Pfeiler sowie Randmauern des Turms (3 m) nehmen Statikergutachten einen Bau von bis zu drei Geschossen an. In der Mitte befand sich ein asymmetrisch angelegter Brunnen. In den Pfeilern und Randmauern waren eingelassene ältere Steinkunstwerke, welche nun im Lapidarium des Museum ausgestellt werden. Der turmartige Bau weist Parallelen mit nachvalentinianischen Limesfestungen im Mitteldonauraum auf.
Die Zivilsiedlung – Vicus
Der Schwerpunkt von Zivilsiedlungen waren Handel, Handwerk und Dienstleistungen. Sie versorgten Soldaten mit Alltagsgütern, welche nicht das Heer sicherstellte, ebenso aber auch mit Luxusgütern oder Genussmitteln und Unterhaltung. Für die Zivilbesiedlung bezeichnend war eine enge Häuserreihung auf langen, schmalen Parzellen mit offener Straßenfassade, wo Läden und Werkstätten situiert waren.
Die prächtigsten Teile von vicus mit gemauerten Bauten für die reichsten Zivilbewohner befanden sich am nächsten des Kastells. Vor dem Nordwesttor des Kastells wurden Ansätze einer Straßenbebauung aufgefunden; sogar ein sorgfältig gefertigtes Gebäude mit Bodenbeheizung sowie mit Innenraum- und Außenwandverputz wurde erforscht. Die Untersuchungen westlich des Kastells bestätigten die Kulturschichten und Objekte einschließlich gemauerter Bauten bis zur Straße „Ulica pohraničníkov", zu den Straßenecken „Balkánska ulica" und „Vývojová ulica" wie auch zu den Straßenecken „Balkánska ulica" und „Colnícka ulica". Weitere Mikroregionen wurden in der Straße „Kovácsova ulica" am Gräberfeld III erfasst, wo eine Zivilansiedlung aus dem 3. Jh. einer Bestattungsfeldgründung im 4. Jh. vorangeht. Der Werkstattbereich mit zwei Öfen wurde in den 1970er Jahren am Rande des heutigen Karlburg (Rusovce) westlich vo Bergl erforscht. Das Dorf vor dem Südtor war zum Raum des heutigen Schlosskomplexes hin orientiert, und unter dem Einfluss intensiver Bauaktivitäten im Mittelalter und in der Neuzeit kam es in diesem Teil zur Vernichtung von Siedlungsschichten und Objekten aus der Römerzeit, von denen nur die untersten Bauteile erhalten geblieben sind.
Die Bewohnerschaft von Gerulata und ein Leben nach dem Tode
Nach der Vorstellung der Römer gingen die Verstorbenen in das Reich der Totengötter über. Die Bestattungsfelder für die Toten haben sie entlang von Ausfallstraßen aus Siedlungen und Städten gegründet. In Karlburg (Rusovce) sind Stelen wie auch Fragmente von komplexen Grabstätten erhalten geblieben. Der Stein als ein beständiges Material passte gut zu Vorstellungen von der Unsterblichkeit der Seele sowie dem Verlangen nach dem Erhalt von Angedenken für Hinterbliebene, daher war er ideal für die Standbildkunst. Aufgefundene Standbildwerke werden ihrer Funktion gemäß in drei Gruppen eingeteilt: sepulkrale Denkmäler (Grabmale), d.h. Teile von größeren Grabmalwerken wie auch einfachere Stelen, weiterhin Votivaltäre und andere epigraphische Erinnerungsobjekte und schließlich Bauelemente und deren Fragmente. Ein singuläres Exemplar ist bislang ein Marmorfragment eines Freistandbildes in Gestalt eines Füllhorns.
Auf den Grabstelen aus Gerulata sind bestimmte Symbole dargestellt, von einfachsten Motivelementen und Symbolen, über Pflanzen- und Naturmotive sowie Darstellungen diverser Gefäßformen und Bauwerkelemente hinaus bis hin zu Motiven von Tieren und Menschengestalten. Einige davon stellen mythische Wesen (Daidalos und Ikaros) oder direkt Gottheiten (Jupiter, Salus Augusta, Juno, Attis und die Große Göttermutter Kybele, Isis, Silvanus) dar, welche mit etlichen Sagen und Mythen in Zusammenhang stehen.
Zu Flächengrabungen auf den Gräberfeldern aus der Römerzeit kam es anlässlich verschiedener Baumaßnahmen und in Anlehnung an die Forschung in Bergl. Definiert wurden die Gräberfelder Ia, Ib, II, III, IV und V. Anlässlich der Errichtung einer Schulturnhalle im Jahre 1964 wurde eine systematische Untersuchung des Gräberfeldes I „An der Schule" unternommen. Aufgrund von Funden wurde das Gräberfeld aufgeteilt in das ältere, Ia, das birituelle Bestattungsfeld, datiert in das 2. Jh. bis zum Anfang des 3. Jhs., und in das Ib, das Skelettgräberfeld, datiert in die zweite Hälfte des 3. bis in das 4. Jh.. Weitere Skelettgräber belegen die Fortsetzung des Gräberfeldes südostwärts und sogar jenseits der Grenze der Straße „Balkánska ulica".
Die ältesten Gräber aus Gerulata befinden sich auf dem Gräberfeld II „Am Friedhof" (vormals „Über dem Sandbruch"). Dieses birituelle Gräberfeld wird in das Zeitalter ab den Flaviern bis zu den Markomannenkriegen datiert. Von dieser Datierung heben sich gelegentliche Einzelfunde von Münzstücken aus dem 3. und frühen 4. Jh. ab. Weitere, dem Gräberfeld II angehörende Gräber wurden an der Kreuzung zwischen den Straßen „Gerulatská ulica" und „Kovácsova ulica" freigelegt.
Bei Errichtung von Einfamilienhäusern auf einer früheren LPG-Parzelle erschienen menschliche Knochen, Gräber, Unmengen von Ziegeln und Keramik. Aufgrund dieser Funde fing Ľudmila Kraskovská an, das Gräberfeld II zu untersuchen. Bei der Auswertung des Materials wies sie auf die seltenen Typen von Schmuck aus Gold, Silber, Bernstein, Gagat und Lignit hin und vermutet, dass hierorts anscheinend wohlhabende Mitglieder der Gesellschaft bestattet wurden. Eine Fortsetzung des Gräberfeldes wurde 2009 erfasst. Die Untersuchung bestätigte die Einzigartigkeit des Grabinventars und der räumlichen Lage der Beigesetzten. Eine Neuheit, und auch Beitrag zu unserem Wissen repräsentiert das Vorhandensein germanischer Keramik, welche auch bei der Datierung dieser zwei Keramiktypen in Zisdanubien hilfreich ist. Es ist ebenfalls anzunehmen, dass dies ein Zeichen ethnischer Zugehörigkeit der beigesetzten Individuen zum römischen Grenzland sein kann.
Bei der Untersuchung der St. Veitskirche im Schlossparkareal erforschte Michal Slivka fünf spätrömische Skelettgräber und Pferdegebeine, welche anhand eines Fragments einer röhrchenförmigen Fibel in das 2. Jh. datiert wurde. Das Bestattungsfeld IV setzte sich in Richtung der Straße „Balkánska ulica" fort, wo unter dem Gehweg eine leere Ziegelgruft freigelegt wurde. Als Bestattungsfeld V wurden zwei Gräber nahe dem Bahnhof bezeichnet, die in einem schmalen Graben für die Kanalisation untersucht wurden.
Die Villa rustica im Hinterland von Gerulata
Im angrenzenden Österreich und Ungarn wurden ganze Komplexe von Siedlungen im Hinterland des römischen Limes aufgefunden. Die Untersuchungen im Frühjahr 1995 erbrachten Belege für die Ortsbesiedlung und gaben in den Gemarkungen Kroatisch-Jahrndorf (Jarovce), Karlburg (Rusovce) und Sarndorf (Čunovo) Hinweise auf elf Ortslagen mit einer eventuellen Ansiedlung. Zwei der Ortslagen wurden untersucht: In Karlburg (Rusovce) eine ländliche Siedlung aus dem 2./3. Jh. und in Sarndorf (Čunovo) ein Gehöft vom Typus einer Villa rustica, ebenso aus dem Zeitalter der Severer.
Auf das Vorhandensein eines landwirtschaftlichen Gehöfts in Sarndorf (Čunovo) deuteten Funde römischer Dachdeckung hin. Drei Etappen einer archäologischen Rettungsgrabung in der Ortslage in Sarndorf (Čunovo) legten ein Landgut aus der Römerzeit frei. Die ältere Phase der Besiedlung (1. – 2. Jh.) wird durch Erdhütten charakterisiert. Die Superposition zweier von ihnen zeugt von einem Entwicklungsschub ebenso im Rahmen des ländlichen Anwesens selbst. Sechs oberirdische Bauten repräsentieren die jüngere Besiedlungsphase an der Wende vom 2. zum 3. Jh. und anhand von Spuren der Besiedlung auch im 4. Jh.. Diese Phase zeigt das römische Landgut des Typus der Villa rustica auf.
In Sarndorf (Čunovo) wurde eine Fläche von etwa 3600 qm untersucht. Freigelegt wurden Fundamente von sechs Bauten und die Verlaufslinie der Einfriedung, an welcher ebenso das Problem des Wasserablaufs aus der Zentralfläche des Gehöfts technisch gelöst wurde. Hypothetisch wurde das Vorhandensein zweier Eingangstore in das Gehöft postuliert (bislang nicht vollständig untersucht). Die Hauptverkehrsachse führt nordostwärts, wo die direkte und kürzeste Anbindung an die Straße nach Gerulata angenommen wird. Senkrecht darauf, zwischen den Bauten A I und A II, liegt die andere Straße zum Tor.
Zuerst wurde der Bau A I mit rechteckigem Grundriss von 6,3 x 8m freigelegt (vermutlich ein kleiner Tempel „in antis", Bautyp Podiumstempel). Ein weiterer Bau A II war ein Dreiraumgebäude mit rechteckigem Grundriss von 12,6 x 18,9m (vielleicht das Haus des Besitzers, mit einem Bad?). Auch der Bau A III hatte einen rechteckigen Grundriss in der Größe von 17,4 x 12m, ein Einraumgebäude. Vom Bau A IV ist nur ein Torso erhalten geblieben, es ist nicht möglich, dessen Größe sowie dessen geschlossene Form zu bestimmen. Der Bau A V war rechteckig im Ausmaß von 8,15 x 5,4m (vielleicht ein Speicher?). Der Bau A VI war vermutlich mit rechteckigem Grundriss von der Größe von mindestens 3 x 6m (vielleicht eine Wachstube?). Das ganze Areal wurde durch einen Randgraben umfriedet, der alle Siedlungsobjekte einfasst. Die Villa rustica in Sarndorf (Čunovo) repräsentiert ein kleineres Landgut, vielleicht eines Veteranen – dies würde der Datierung und dem Charakter der durch die Forschung erhaltenen Gegenstände entsprechen.
Theben (Devín) in der Römerzeit
Katarína Harmadyová
Die günstige strategische Lage an der Kreuzung der Bernstein- und der Donauhandelsstraße über dem Zusammenfluss der Donau und der March beeinflusste die Entwicklung von Theben (Devín) nicht nur als Siedlung, sondern auch als Transit- und Handelsknotenpunkt. Die Burgstätte in Theben (Devín) nutzten die Römer als einen Vorposten im Barbaricum, um das Vorfeld um den Limes Romanus an der Donau zu kontrollieren.
Davon zeugt die Zufuhr von römisch-provinzialen (vornehmlich norischen) Importgütern. Aus der Burg in Theben (Devín) stammt die älteste auf dem Gebiet der Slowakei gefundene Terra sigillata, die sog. Aretinische Sigillata. Aus den spätlatènezeitlichen Kulturschichten und -objekten stammen auch zwei republikanische Silberdenare und 18 augusteische Kupfer- und Bronzemünzen. Auf dem Areal der Thebener Burg gelang es, mehrere Siedlungsobjekte aus der Römerzeit freizulegen, davon waren vier gemauert. Die direkte und älteste Präsenz der Römer auf der Thebener Burg belegen gefundene Reste von Lehmschmierfußböden, vermutlich von Militärbaracken, sowie Gegenstände militärischen Charakters. Unter den Tonfußböden wurden Steinfundamente eines quadratischen Baus freigelegt, vermutlich eines Turms mit einem oberirdischen Holzteil. Der Turm wurde von den Römern zu militärischen Zwecken erbaut. Er könnte mit dem Straffeldzug der Römer gegen den Markomannenkönig Marbod im Jahre 6 n. Ch. in Zusammenhang stehen.
Von der ältesten Präsenz der Römer in Theben (Devín) zeugen zwei im Dorf aufgefundene Urnengräber mit reichlicher Ausstattung, datiert in das 2. Viertel des 1. Jhs.. Die Germanen ließen sich hierorts nach dem Vorbild der Römer prächtige Steingebäude errichten, von denen sich das repräsentativste auf der Burganhöhe befunden hat. Es ist in das 3. Jh., in das Zeitalter der Severer datiert und später in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. umgebaut worden. Das Bauobjekt könnte als ein Zivilanwesen des Typus der Villa für Bedürfnisse germanischer Nobilität gedient haben. Im Raum der unteren Burg nahe dem westlichen Burgtor wurde ein weiterer gemauerter Bau freigelegt. Er bestand aus einem Raum, war leicht asymmetrisch, mit Mörtelfußboden und Pfostengruben. In der Verschüttung des Baues wurden auch Fragmente des Wandputzes mit Malereispuren sowie Ziegel mit der Stempelmarke der XIV. Legion (LEG XIIII G), ein Fragment mit der Inschrift G ANT[G MVI?], LEG X, zwei Eisenfibeln, ein Eisengewicht und ein Gefäßboden mit einem Signum in Form einer Swastika aufgefunden. In einer der Pfostengruben befand sich ein kleines verzinktes Eisenkreuz mit zwei Nägeln und Befestigungslöchern. Gerade dieser Fund und der gesamte Grundriss des Bauobjekts könnten von der Funktion des Baues als ein frühchristliches Sakralbauobjekt in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. gezeugt haben. Vermutet wird auch die Entstehung eines gewaltigen Erdwalls an der Nordseite der Burgstätte im 4. Jh. unter der Regierung des Kaisers Valentinian I. (364–375).
Das Geld in römisch-germanischen Beziehungen
Eva Kolníková
Die ersten vier Jahrhunderte unserer Zeitrechnung spiegeln sich in Münzenfunden wider. Ein Fund von 19 Münzen aus der Zeit der Regierung des Kaisers Augustus auf der Thebener Burg belegt den ersten Kontakt der Römer mit dem nördlichen Transdanubien entlang der sog. Bernsteinstraße. Nebst Bronzemünzen aus der Zeit der Regierung des Kaisers Augustus (die jüngsten aus den Jahren 7 – 6 v. Ch.) wurde hierorts auch ein in der Münzstätte Lugdunum in den Jahren 2 v. Ch. bis 4. n. Ch. geprägter Aureus aufgefunden. Diese Münzen stehen vermutlich im Zusammenhang mit dem militärischen Feldzug von Augustus’ Adoptivsohn Tiberius an die Donau im Jahre 6. n. Ch. Die Römer wählten Theben (Devín) wegen dessen strategischer Lage als Militärstützpunkt im Kampfe gegen die Germanen.
Römische Münzen aus dem 1. – 4. Jh. n. Ch. wurden im Zentralteil von Pressburg bislang in kleiner Zahl aufgefunden. Nur ein kurzer Bericht ist erhalten geblieben über einen größeren Sammelfund von Münzen aus der zweiten Hälfte des 2. bis zur ersten Hälfte des 3. Jhs.; das weitere Schicksal dieses Fundes ist unbekannt. Zahlreiche römische Münzen stammen aber aus Karlburg – Rusovce: aus dem antiken Gerulata. Die ältesten Münzen stammen aus der Zeit der Errichtung erster Militärlager am Ende des 1. und am Anfang des 2. Jhs., die jüngsten Münzen aus der Zeit des Untergangs von Gerulata am Anfang des 5. Jhs. Jene aus Gerulata finden sich in Ruinen von Militär- sowie Zivilbauten, in Kultbereichen und den Gräbern örtlicher Bevölkerung.
Eine erhebliche Anzahl römischer Münzen stammt aus germanischen Siedlungen in Randgebieten von Pressburg (Theben-Neudorf / Devínska Nová Ves, Kaltenbrunn / Dúbravka, Dornkappel / Trnávka) und aus Zufallsfunden ohne archäologischen Kontext. Sie gelangten vornehmlich aus Pannonien hierher: durch den Handel, als Geschenke der Römer an die Germanenhäuptlinge, als Militärtribute beziehungsweise als Beute bei den germanischen Einfällen auf das Gebiet der römischen Provinzen. Die Germanen haben keine eigenen Münzen geprägt. Römische Münzen weckten ihr Interesse anfänglich des teuren Metalls halber. Später lernten auch die Germanen im Grenzland ihren Geldwert kennen. Der Naturaltausch blieb auch weiterhin die entscheidendste Form des Handelsbetriebs auf den einheimischen germanischen Märkten, wie auch in den Handelskontakten der Germanen und Römer.
Die Zeit der Völkerwanderung und die slawisch-awarische Periode (5. – 8. Jh.)
Barbarische gentes als Gründer neuer politischer Gebilde
Herwig Wolfram
An der Wende vom 4. zum 5. Jh. verließ die Mehrheit der Quaden mit vielen Markomannen ihre norddanubische Heimat und wurden südlich des Stroms wieder zu Sueben. Von Pannonien aus gingen viele von ihnen im Laufe des 5. Jhs. den Weg aller Völker, die an der Großen Wanderung teilnahmen und auf römischem Boden Reiche gründeten: Sie erhoben und folgten monarchischen Heerkönigen, mit denen sie zusammen mit Vandalen und Alanen bis nach Spanien, ja manche von ihnen bis nach Afrika kamen.
Knapp nach 400 mehrten sich die Anzeichen, dass sich die hunnische Staatlichkeit am linken Ufer der unteren Donau zu organisieren begann. Im ersten Drittel des 5. Jhs. kam die Niederlassung der hunnischen Völker innerhalb des Karpatenbogens zum Abschluss, ob man nun für 433 eine formelle Abtretung Pannoniens annimmt oder nicht. Mit der Ermordung seines Bruders Bleda errang Attila im Jahre 445 die Alleinherrschaft. Im Jahr 451 muss ein riesiges Hunnenheer die Donaustraße benützt haben, um sowohl nach Gallien zu ziehen wie auch – nach der verlorenen Schlacht auf den Katalaunischen Feldern – von dort wieder heimzukehren. Zwei Jahre später starb Attila, und bald nach 453 hatten seine zahlreichen Söhne die hunnische Macht und Herrlichkeit verspielt. Zugleich brachen wieder Unordnung und Friedlosigkeit über das Gebiet beiderseits der Donau herein.
Die Gepiden stellten sich an die Spitze einer gentilen Koalition, die um Vorrang und Selbständigkeit kämpfte. Die Entscheidung für oder gegen die Hunnen spaltete die einst von ihnen unterworfenen Völkerschaften, als es am Fluss Nedao 454, spätestens 455 zur Schlacht kam. Der Ort der Auseinandersetzung soll in Pannonien gelegen sein. Sieger wie Besiegte des Tages am Nedao wurden in gleicher Weise römische Föderaten. Die siegreichen Völker blieben außerhalb der Reichsgrenzen; die Verlierer mussten diesseits der Donau ihre Heimat finden. So nahm Pannonien allen voran die Ostgoten der Vatergeneration Theoderichs des Großen (451 – 526) auf, die bis zuletzt den Hunnen treu geblieben waren. Von kleineren Gruppierungen und Formationen abgesehen, entstanden am linken Donauufer, das heißt jenseits der Reichsgrenzen: das Rugierreich im Bereich von Krems; ein erulisches Königreich in Südmähren und auf beiden Seiten der March mit Ausläufern bis zur Donau und zu den Kleinen Karpaten; bis 470 ein pannonisches und südslowakisches Regnum derjenigen Sueben, die nicht mit Vandalen und Alanen die Heimat verlassen hatten. Im mittleren Alföld entstand ein kurzlebiges skirisches Königreich, aus dem der italienische König Odoaker (476 – 493) hervorging. Ihre Nachbarn waren die einheimischen Sarmaten.
Die mächtigen Gepiden nahmen das Kernland des einstigen Attila-Reichs links der Donau und Theiß in Besitz. Im Jahre 458 gelang den Römern die Anwerbung eines großen donauländischen Barbarenheeres, das auch Sueben enthielt. Kaiser Anthemius (467 – 472), der die Goten in Ost und West bekämpfte, suchte gegen sie Verbündete auch an der Donau. Es gelang ihm, Norikum gegen die pannonischen Goten zu schützen. Die römischen Abwehrerfolge des Jahres 467 dürften wie ein Signal gewirkt haben, die Goten anzugreifen. Bereits 468 unternahmen Sueben einen Plünderungszug nach Dalmatien. Als sie mit Beute beladen und mit den Herden der Goten den Heimweg antraten, stellte sie Thiudimir, der Vater Theoderichs des Großen, in der Nähe des Plattensees und nahm sie samt ihrem König Hunimund gefangen. Um wieder freizukommen, ließ sich der Suebenkönig zum Waffensohn Thiudimirs machen, begann aber sofort nach seiner Freilassung, gegen die Goten zu konspirieren. Hunimund vereinigte seine Truppen mit suebischen, rugischen. gepidischen und erulischen, aber auch skirischen und sarmatischen Kriegern. An einem unbekannten, wohl pannonischen Fluss Bolia kam es wohl 469/470 zu einer Schlacht, bei der die Goten siegten. Daraufhin löste sich das Lager der Verlierer auf. Im Winter 469/70 oder 470/471 überquerten die Goten die zugefrorene Donau und besiegten die suebischen Nachbarn, von denen danach viele donauaufwärts zogen und sich den Alemannen anschlossen. Aber noch 536/537 gab es donauländische Sueben, die von den Langobarden unterworfen wurden. Diesem Schicksal entzog sich jedoch eine suebische Kriegerschar, die stark genug war, ins ostgotische Venetien vor-zudringen und dort beträchtlichen Schaden anzurichten.
Von den daheim gebliebenen Barbaren überstanden die Eruler beiderseits der March und Thaya die gotische Nachbarschaft zunächst am besten. Bald dürften sie auch diejenigen Sueben unterworfen haben, die es immer noch in der donaunahen Slowakei und im nördlichen Oberpannonien gab. Auch machten sie die böhmisch-mährischen Langobarden zu ihren Untertanen und verlegten sie ins Rugiland im heutigen, donaunahen Niederösterreich mit Zentrum Tullner Feld. Das ständig wachsende Erulerreich wurde wenig nach 500 von Theoderich umworben. Der in Ravenna residierende Ostgotenkönig nahm den Erulerkönig Rodulf zum Waffensohn an und sandte ihm nach barbarischer Sitte Pferde, Schilde und anderes Kriegsgerät. Auch ließ er ihm ausrichten, er werde nun "unter den Völkern den ersten Platz einnehmen". Davon hatten die Eruler allerdings wenig, als sie – wohl um 508 – gegen die Langobarden kämpfen mussten. Die Eruler wurden von ihren früheren Knechten vernichtend geschlagen; Theoderich konnte nicht rechtzeitig eingreifen und bot einem Teil der Überlebenden – sein Waffensohn war in der Schlacht gefallen – politisches Asyl.
Die Kämpfe fanden wahrscheinlich an der March statt und veränderten die ethnische Zusammensetzung der Sieger. Sie wurden die Erben des erulischen Herrenvolks und dessen Königreichs, das man archäologisch in Südmähren, Niederösterreich bis zur March lokalisiert. Von hier aus breiteten sich die Langobarden nach Pannonien aus, ohne ihre bisherigen Sitze aufzugeben. Ihre donauländischen Siedlungsgebiete übergaben sie 568 vertraglich an die Awaren und zogen mehrheitlich nach Italien. Die Slawen waren für diesen Abzug nicht verantwortlich, obwohl die Archäologen den Beginn der Slawisierung des slowakischen Raums bereits vor 550 ansetzen; doch spielte sich dieser Prozess hier wie in vielen anderen europäischen Regionen in aller Stille, gleichsam im Windschatten der Weltgeschichte ab.
Die Völkerwanderung Pressburger Raum nördlich der Donau
Vladimír Turčan
Die örtliche germanische Bevölkerung rückte größtenteils ab und räumte die Region für neue, überwiegend germanische Stämme (gentes), welche während der Migrationsprozesse der Völkerwanderung anrückten. Die Pressburger Pforte wurde wohl zum Teil des Hunnenreiches. Aus diesem Zeitraum können etliche unstratifizierte Funde aus dem Stadtzentrum datiert werden. Die Besiedlung setzte sich auf dem Thebener Bergfelsen fort (ein Brotfund) und ein vereinzeltes Skelettgrab ist aus Weinern (Vajnory) bekannt. Gegen Ende der Völkerwanderung drangen in die Pressburger Pforte Langobarden ein (Gräberfelder im Thebensee / Devínske Jazero).
Theben (Devín) im Zeitalter der Spätantike und der Völkerwanderung
Katarína Harmadyová
Die Burghöhe in Theben (Devín) war auch in der Spätrömerzeit und der Folgezeit besiedelt. In das ausgehende 4. Jh. werden einige der Steinbauten im Burgareal datiert. In die zweite Hälfte des 4. Jhs. ist auch eine gewaltige Erdwallbefestigung an der Nordseite der Burgstätte datiert. Im Wall wurde ein Grab mit zwei Individuen eingelassen, bei diesen wurden ein Rasiermesser, eine Eisenschnalle, fünf Stück Spaltindustrie und ein Krug mit Einglättverzierung aufgefunden. Die germanische Besiedlung ist auf der Thebener Burg ebenfalls am Ende der Römerzeit und für den Zeitraum der Völkerwanderung nachgewiesen. Nebst Keramik wurden auf der Burg in Sekundärlage auch einige Beinkämme mit Halbkreisgriff aufgefunden. Ein bisher vereinzelter Fibeltyp in Theben (Devín) ist eine bronzene Zikadenfibel. Während der archäologischen Forschung auf dem Burgfelsen in Theben (Devín) wurde auch ein Ofen mit einer Vorofengrube freigelegt. In der Auffüllung der Grube wurden in einer Getreideschicht verkohlte Brotstücke sowie ein ganzer verkohlter Brotlaib entdeckt. Er hatte eine Rundform mit einem Durchmesser von 23 cm und wurde aus nahezu reinem Weizenmehl mit einer geringfügigen Beimischung von Roggen gebacken. Dieser Unikatfund kann anhand beiliegender Keramik in das erste Drittel des 5. Jhs. datiert werden.
Die Siedlungen aus der Zeit der Völkerwanderung im Pressburger Raum südlich der Donau
Vladimír Turčan
Eine in das zweite Drittel des 5. Jhs. datierte Siedlung (repräsentiert durch Wohnsiedlungs- und Wirtschaftsbauten) wurde am Südwestrand von Karlburg (Rusovce) entdeckt. Keramik aus der Zeit der Völkerwanderung wurde auch in Aufschüttungsschichten der spätrömischen Festung in der Ortslage Bergl aufgefunden, sie dürfte Goten und Langobarden gehört haben.
Das Langobardengräberfeld in Karlburg (Rusovce)
Jaroslava Schmidtová – Matej Ruttkay
Nach dem Rückzug des römischen Heers aus Pannonien (etwa im ersten Drittel des 5. Jhs.) ist das Gebiet des vormaligen Kastells Gerulata nicht verwaist geblieben. In Karlburg (Rusovce), in der Ortslage „Pieskový hon" wurde nun das bisher einzige Skelettgräberfeld aus dem 6. Jh. auf dem Gebiet der heutigen Slowakei aufgefunden, mit mehr als einhundert Gräbern. Zugleich wurde – 2002 – nördlich der Donau auch ein weiteres umfangreicheres Begräbnisfeld aus der Völkerwanderungszeit in Tesárske Mlyňany bei Zlaté Moravce entdeckt; es ist daher möglich, dass die Bestatteten den germanischen Langobarden angehörten.
Im Westteil des Bestattungsfeldes in Karlburg (Rusovce) sind die Gräber dicht nebeneinander aufgereiht und minder tief (90 bis 150 cm), in Randbereichen des Gräberfeldes sind die Gräber tiefer (z. B. das Grab Nr. 118: 240 cm). Im Ostteil des Bestattungsfeldes unterscheiden sich die Gräber durch größere Abstände, größere Tiefe (bis zu 260 cm) und das Vorhandensein von Tierbestattungen. Der Südrand des Bestattungsfeldes ist gekennzeichnet durch flache Gräber (40 – 60cm). Freigelegt wurden auch zwölf Doppelgräber – sowohl von Erwachsenen wie auch von Kindern. In den meisten Fällen wurde dabei ein Grab geplündert, das andere nicht, was darauf hindeutet, dass die Plünderer mit dem anderen Grab nicht gerechnet haben. In drei Gräbern wurden sogar Gebeine von drei, in einem sogar von vier Personen aufgefunden, was jedoch auf Konto von Grabraubaktivitäten geht und damit verbundener Gebeineverlegung zuzuschreiben ist. Die Endzahl der untersuchten Gräber lag bei 166. Davon jedoch waren mindestens drei Gräber erst im 10. Jh. entstanden. Es ist festzustellen, dass es sich um ein Reihengräberfeld mit der Gräberorientierung ungefähr in der Linie West–Ost (mit Kopf westwärts) handelt. Die Toten wurden in ausgestreckter Rückenlage hineingelegt, Arme sind in manchen Fällen angewinkelt, manchmal sind die Handteller auf den Bauchbereich oder den Schoß gelegt. Außergewöhnlich ist die Lage des Toten aus dem Grab Nr. 147 – in linksseitiger Hockerlage, mit Kopf südostwärts. Unter den Funden ist auch eine organische Hülle vorhanden, die als ein 1 bis 2cm breites braunes Bändchen organischer Reste um die Gebeine herum erscheint (vielleicht Holzauskleidung, Trog oder Sarg).
Nahezu alle Gräber (außer Nr. 26) wurden geplündert, wobei die Grabschänder die Gebeine völlig oder teilweise durcheinandergeworfen haben. Teile der Körper müssen zur Zeit der Grabschändungen noch wegen der Muskelmasse zusammengehalten haben, da komplette Skelettteile umpositioniert wurden. Zur Plünderung musste es also recht kurz nach der Beerdigung gekommen sein – vielleicht durch neuangekommene Slawen? Oder Awaren? Andere Germanen? Oder den Langobarden selbst bei ihrem Abzug?
Nebst menschlichen Individuen fanden ihre letzte Ruhe auf dem Bestattungsfeld auchTiere. Im Grab Nr. 116 ist mit einem Menschen auch ein Pferd bestattet worden. Sechs Pferdebestattungen sind im Ostteil des Gräberfeldes situiert, wobei die Pferde jeweils in einem selbstständigen Grab liegen, und zwar immer östlich des Grabs des vermutlichen Besitzers. Die Pferdegräber waren ohne Beigabenfunde, lediglich im Grab Nr. 120 hatte ein Pferd im Maul eine Trense. Grüne Farbe auf dem Knochengerippe des Pferdes im Grab Nr. 116 deutet auf das Vorhandensein von Gegenständen aus Farbmetallen hin. Im Grab Nr. 164 wurde mitsamt einem Pferd auch ein Hund begraben. Die Kombination einer Menschenbestattung mit Pferd bzw. Hund deutet die Zugehörigkeit des Beigesetzen zu der Gesellschaftselite der damaligen Zeit an. Es ist nicht auszuschließen, dass die Reiterbegräbnisse die Tradition noch in nomadischen Hunnengemeinschaften findet. Von Interesse sind auch Hundebestattungen. Erfasst wurde auch eine Bestattung zusammen mit dem Hundeherrchen. Außergewöhnlich war der Grab Nr. 122, in dem sich außer dem Bestatteten noch vier Hundeskelette fanden – zwei lagen auf einem Sockel am Nordrand des Grabes, einer linksseitig des Toten, ein weiterer direkt auf seinem Brustbereich. Begräbnisse von Hunden mitsamt einem Krieger erscheinen im mitteleuropäischen Raum ziemlich häufig.
Die bedeutendste Person aus der damaligen Gemeinschaft wurde offenbar im Grab Nr. 140 bestattet. Außergewöhnlich sind bereits die Ausmaße der Grabgrube 350 x 160. In ihren Ecken gibt es Spuren von Pfahlgruben. Leider wurde auch dieses Grab ausgeplündert. Dazu gehörte noch ein weiteres Grab, in dem gesondert ein Pferd begraben wurde, und ein Hockergrab (Grab Nr. 147) – eine ältere Frau, vielleicht eine Dienerin(?). Auffällig sind die Unterschiede in der Ausstattung der Toten, in der Art und Weise der Grablegung, in der Größe von Grabgruben sowie im Vorhandensein der bestatteten Tiere. Infolge der Ausplünderungen fehlt jedoch ein erheblicher Teil vom Grabinventar. Ein gewesenes Vorhandensein der Grabbeigaben belegen nur noch indirekt die grünen Flecken auf den Gebeinen.
In den untersuchten 166 Gräbern wurden 160 Individuen anthropologisch identifiziert, davon waren 73 nicht erwachsen und 87 Erwachsene. Weiterhin lässt sich nicht ausschließen, dass einige der Gräber ohne Beigabenfunde, die in der vorliegenden Analyse erfasst sind, erst in das 10. Jh. gehört haben könnten. Unter den Erwachsenen gab es 33 Männer, 43 Frauen und in 11 Fällen war die Geschlechtsbestimmung nicht möglich. Eine kleine Gräberanzahl von Kindern unter 1 Jahr muss nicht eine niedrige Mortalität in dieser Altersgruppe bedeutet haben. Es ist zu vermuten, dass die Gräber der kleinsten Kinder recht flach gewesen sind, und daher wurden sie nicht aufgefunden bzw. wurden sie zerstört. Indirekt wird dies auch durch die recht große Anzahl verstorbener Kinder im Alter von 1 bis 4 Jahren belegt. Die größte Anzahl der Individuen fällt in die Altersgruppe von 30 – 59 Jahren. Augenfällig ist ein hoher Anteil junger Frauen (20 – 29 J.), der die Anzahl der Männer in derselben Altersklasse nahezu um das Dreifache übersteigt – vielleicht infolge von Geburtskomplikationen, oder aber ein Teil der Männer kam außerhalb der Siedlung ums Leben. Die Anthropologen vermuten eine Gegebenheit wie etwa einen katastrophalen Vorfall – vielleicht eine Epidemie. Das Gräberfeld wurde eine ziemlich lange Zeit in Anspruch genommen, d.h. es gehörte höchstwahrscheinlich zu der Siedlung bzw. zu den Siedlungen, welche hierorts langfristig bestanden. Hätten die Siedlungen auch trotz der Katastrophe weiterbestanden, wäre die Anzahl der Toten (Bestatteten) deutlich größer gewesen. Eine Rekonstruierung des Gesundheitszustandes geschieht anhand der schlechten Erhaltung des Knochenmaterials. Direkte Spuren von Verletzungen wurden nicht ermittelt. Unter den 87 erwachsenen Personen wurde in drei Fällen verheilter Schlüsselbeinbruch nachgewiesen. Im Grab Nr. 110 ist eine künstliche Schädeldeformation nachweisbar, ein überwiegend aus der Völkerwanderungszeit bis dem Frühmittelalter bekannter Brauch.
Trotz der Plünderung ist in den Gräbern eine recht große Anzahl von Beigaben erhalten geblieben. Münzen, Fibeln, Glasgegenstände, jedoch auch Schlüssel und diverse Anhängsel aus dem 2. bis 4. Jh. besaßen ihren Wert auch im Zeitalter der Völkerwanderung, ja auch noch im Frühmittelalter. Vereinzelt fanden sich in den Gräbern auch Fundobjekte aus der Bronzezeit. Die Gegenstände befanden sich zumeist im Kopf- und Rumpfbereich des Bestatteten. Etwa der häufigste Fund waren Bestandteile von Halsbändern. Es tauchten auch Ohrringe, Fibeln, diverse Anhänger, Pfeilen- und Lanzenspitzen etc. auf. Recht häufig waren auch Münzen, Jetons, Gürtelbeschläge, Feuerschläger, Knochenkämme, Pinzetten, ein Bruchstück eines römischen Altars, weniger allerdings Keramik. Die Funde können in mehrere Grundgruppen eingeteilt werden – Schmuckstücke, Teile von Kleidungsstücken, Alltagsgegenstände sowie Werkzeuge, Waffen und Kriegerausrüstung, Gegenstände mit Kultuscharakter und Münzen.
Eine Sonderstellung unter den Schmuckstücken nehmen die Fibeln ein. Jene aus dem Grab Nr. 26 wurden von einer erwachsenen Frau im Alter von 40 – 49 Jahren wohl über längere Zeit hinweg getragen: sie weisen erhebliche Abnutzungsspuren auf. Ihre Größen sind fast gleich, deren Ziermotive jedoch unterscheiden sich in etlichen Details. Einzigartig ist die nachgewiesene Reparatur einer beschädigten bzw. gebrochenen Fibel. Die beiden Fibeln im Grab wurden im Beckenbereich der Toten aufgefunden. Ein weiteres Fibelpaar wurde im Grab Nr. 13 entdeckt (Fibeln des Radovesice-Cividale-Typus, datiert von Jaroslav Tejral in die Zeit um die Mitte des 6. Jhs.). In mehreren Gräbern wurden auch verschiedene, hochwertig gefertigte S-förmige Fibeln aufgefunden. Oft handelt es sich um stilisierte Vogelköpfchen. Es taucht auch Verzierung mit Almandin-Einfassungen auf. Ein wichtiger Bestandteil von Schmuck sind Halsketten mit Glas-, Knochen-, Bernstein- und anderen Korallchen. Die Anhänger bestehen meist aus marinen Weichtiergehäusen, es kommen aber auch Metallstücke vor. Zu den außergewöhnlichen Zierstücken gehörte ein goldener Anhänger mit Almandinverzierung aus einem Kindergrab. Ein weiterer goldener Anhänger war kreisförmig, verziert mit Tiermotiven. Seltener sind Kopfzierstücke: größere Bronzeohrringe mit unverzierten polyedrischen Endi-gungen.
Zu den Gegenständen des Alltagsgebrauchs und den Werkzeugen gehören insbesondere Tonspinnwirtel, Eisenmesser und Keramik, ebenso auch Toilettengegenstände (Knochenkämme, seltener Pinzetten). Außergewöhnlich ist ein Gegenstand aus Knochen (oder vielleicht Geweih?) aufgrund seiner Form sowie Verzierung, entdeckt in einem Kindergrab (Grab Nr. 100). Er ist 23,6cm lang und besteht aus drei Teilen, vorläufig bezeichnet als Griff, Stange und Spitze mit einem Metallanhänger. Bemerkenswert ist dessen eingeritzte Verzierung mit konzentrischen Kreisen mit einer dominierenden Menschenmaske. Mag es sich um ein Spielzeug gehandelt haben, das eine Reitpeitsche nachgeahmt hätte? Oder war das ein Spinnrocken (so wie ein ähnliches Objekt aus dem spätantiken Bestattungsfeld in Mautern)?
Interessant ist das ziemlich geringe Vorhandensein von Rüstung (vielleicht eine Folge der Gräberplünderung). Dennoch tauchen Eisenblattlanzenspitzen, ausnahmsweise auch eine Messerwaffe (ein kurzer Sachs), ein Beil mit breiter Schneide (im selben Grab war auch eine Lanzenspitze) und Knochenbelag des Pfeilbogens auf. Bemerkenswert ist ein Fund eines mit Silber verzierten und vergoldeten Bronzebeschlags der Schwertaufhängung, hinweisend auf die Zugehörigkeit des Toten zur höheren sozialen Klasse (in der großen Grabgrube mit dem Rudel mit ihm begrabenen Hunden, in unmittelbarer Nähe auch eine eigenständige Pferdebestattung). Solcherlei Exemplare, verziert im Tierstil II, tauchen erst im ausgehenden 6. Jh. auf und sie sind in die Zeit vor dem Jahr 568 nicht datierbar. Das Bestattungsfeld muss daher auch noch im Ausgang des 6. Jhs. in Anspruch genommen worden sein, ggf. auch noch im frühen 7. Jh. (ähnlich wie auf den Bestattungsfeldern Pottenbrunn und vielleicht auch Szentendre).
Anhand der typologisch-chronologischen Analyse kann die Nutzung des Bestattungsfeldes insbesondere in das zweite Drittel des 6. Jhs. datiert werden. Diese Einordnung wurde auch anhand der Radiokarbondatierung der Knochen von Bestatteten bestätigt. Das Grab Nr. 26 (eine erwachsene Frau) ist in die Zeit der Jahre 420 – 620 datiert, das Grab Nr. 122 in die Jahre 420 – 610. Zu dem Bestattungsfeld muss mindestens eine Siedlung gehört haben. Bislang gelang es nicht, diese eindeutig zu identifizieren; Siedlungsfunde aus der Völkerwanderungszeit sind nämlich in der Mikroregion Karlburg (Rusovce) an mehreren Orten belegt (es ist wahrscheinlich, dass die damaligen Siedler fürs Wohnen auch einige der heutzutage schon abgetragenen Bauten des römischen Gerulata benutzt haben).
Direkt auf der Fläche des Bestattungsfeldes befinden sich auch um etwa 400 Jahre jüngere Gräber. Vermutlich war der Bestattungscharakter des Standortes auch noch für das 10. Jh. einleuchtend; die altungarischen (?) Krieger dürften ihre Toten auf dem älteren Gräberfeld bestattet haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Ungarn zugleich Plünderer alter Gräber gewesen wären, ist gering.
Nicht nur die neuen Ermittlungen aus dem Gräberfeld in Karlburg (Rusovce), sondern auch mehrere neue Entdeckungen aus Österreich und Ungarn deuten an, dass auf dem hiesigen Gräberfeld – ähnlich wie an anderen langobardischen Standorten – auch nach dem Abzug des Großteils des Stammes im Jahre 568 weiter bestattet wurde. Die germanische Besiedlung (mindestens eine Siedlung) auf dem rechten Donauufer überdauerte also bis in die Zeit, als den Mitteldonauraum die Awaren beherrscht habe (im ausgehenden 6. Jh.) und als nördlich der Donau im Bereich des heutigen Bratislava die Slawen sesshaft wurden. In der Siedlung, die hierorts auch nach 568 bestehen geblieben sein könnte, sind nicht nur dürftige Überbleibsel der Langobarden wohnen geblieben, welche nicht gen Süden abrücken konnten (Alte, Kranke). Sondern es sind hierorts auch Angehörige höherer Sozialschichten verblieben (Kriegergräber, Pferdebestattungen als Eigentum der Krieger u.dgl.). Das Bestattungsfeld spiegelt wohl eine voll funktionstüchtige Siedlung wider. Eine der möglichen Erklärungen ist, dass eine Gruppe der Langobarden weiterhin in ihren Siedlungen wohnen blieb und lediglich in die Dienste der Awaren gewechselt ist. Sie könnten strategische Aufgaben an der Stelle des Übergangs über die Donau übernommen haben. Diese Theorie dürfte wohl auch durch eine relativ geringe Anzahl bestatteter Männer im Produktivalter gestützt werden.
Zudem muss auf sich mehrende Entdeckungen neuer Siedlungen und Gräberfelder aus dem 5. – 6. Jh. hingewiesen werden, welche auch aus den Höhenlagen der Westslowakei stammen. Dies bedeutet, dass der Bereich nördlich (und auch südlich) der Donau im Zeitalter der Slawisierung keineswegs menschenleer, sondern von Gruppen germanischer Bevölkerung besiedelt war – und im Fundensemble sind ausdrucksvolle Elemente des langobardischen Charakters vertreten, wobei ihr Gesamtanteil an der Bevölkerungszahl bisher fraglich ist. Jedenfalls wurden in ihren Siedlungen oder auf ihren Bestattungsfeldern keine Indizien gefunden, die dieAnwesenheit der Awaren oder Slawen belegen.
Die Entfaltung der Macht der Langobarden auch im weiteren Umfeld von Bratislava ist mit der Person des Langobarden-Königs (dux) Wacho (etwa 512 – 540) verbunden, aus dessen Zeit ein Bericht des spätantiken Historikers Prokopios von Caesarea erhalten geblieben ist. Prokopios’ Bericht belegt die Anwesenheit der Slawen im Mitteldonauraum: Wachos Konkurrent Hildigis flüchtete um 549 vom Langobardenhof und nahm Zuflucht bei benachbarten Slawen und Gepiden. Später nahm er in den Jahren 549 – 552 an Kriegen teil, als die Slawen mit Gepiden verbündet waren.
Die Awaren und Slawen in der Gegend von Pressburg
Tatiana Štefanovičová
Irgendwann an der Wende vom 5. zum 6. Jh., noch im Rahmen der Völkerwanderung, wurde das Gebiet der Slowakei im Südwesten auch von Langobardenstämmen gestreift, welche jedoch nicht weiter in die Südwestslowakei vordrangen. Dieses Gebiet besiedelten zur gleichen Zeit die ersten Slawen, die Artefakte auch auf dem Gebiet des heutigen Pressburg hinterließen (Siedlung in der Ortslage „Veľká Lúka" in Kaltenbrunn (Dúbravka) mitsamt unweit liegenden slawischen Brandgräbern). Das Gebiet wurde durch das Massiv des Thebener Kogels geschützt und von einer Wasserquelle versorgt, welche vormals die Römer in Anspruch genommen haben dürften.
Im letzten Drittel des 6. Jhs. drangen Awarenstämme in das Karpatenbecken vor. Ihre Eroberungszüge nördlich der Donau sind jedoch erst für das 7. Jh. belegt. Im anfänglichen Zeitraum weckten vor allem strategisch günstig gelegene Lagen ihr Interesse, so beispielsweise in Pressburgs Nähe die Orte Theben (Devín) und Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves) oder auch das etwas weiter abseits liegende Bisternitz (Záhorská Bystrica). In diesem Zeitraum kam es zu einer massiven Besiedlung der Südwestslowakei. Überreste werden vornehmlich auf den ebenen Skelettgräberfeldern gefunden, auf welchen es vereinzelt ebenso slawische Brandgräber gibt. In Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves) wurden 875 Gräber untersucht, davon gab es lediglich 27 Brandgräber, diese sind jedoch in manchen Fällen über den Skelettgräbern eingebettet worden. Aus der Gesamtzahl stellen die Gräber mit Reitern und Pferden 9,6 % und die Gräber mit Waffen 9,4 %. Entsprechend der Datierung, die lediglich dem Gräberinventar nach möglich ist, dürfte dort um das erste Viertel des 7. Jhs. mit den Bestattungen begonnen worden sein, das Bestattungsfeld allein wurde bis zur Wende vom 8. zum 9. Jh. in Anspruch genommen. In Bisternitz (Záhorská Bystrica) wurden weitere 262 Gräber freigelegt, ebenso aus dem 7. und 8. Jh., davon gab es nur 8 Brandgräber. Dergleichen Gräber wurden in kleinerer Anzahl auch unfern des Bahnhofs in Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves) und zwischen der heutigen Ortschaft und der Ortslage Thebensee (Devínske Jazero) gefunden. Von Interesse war ein Fund eines Einzelgrabs mit Be-schlägen des westlichen, bayerischen Typus direkt in der Gemeinde von Theben (Devín), der in das 7. Jh. fällt. Andererseits ist auf das recht großflächige Gräberfeld südlich der Donau in der Gemarkung von Sarndorf (Čunovo) aufmerksam zu machen, worauf 151 Gräber aus dem 8. Jh. entdeckt wurden. Mit den Gräberfeldern zeitgleich bestehende Siedlungen wurden in den Ortslagen „Murnice" und „Ďalšie Topolité" am Thebensee gefunden. Vereinzelte Funde von Awarentracht wurden auch direkt in der heutigen Stadt gemacht, am südlichen Vorburgbereich der Pressburger Burg. Durch die Slawen wurde der Ostrand der heutigen Stadt besiedelt, was durch 20 Brand- und Skelettgräber aus Weinern (Vajnory) belegt wird, wo auch ein Goldohrring, vermutlich antiker bzw. byzantinischer Herkunft, gefunden wurde.
Brezalauspurc und Dowina – die Burgwälle über die Donau und March.
Besiedlung von Pressburg und dessen Umgebung im großmährischen und nachgroßmährischen Zeitalter (9. und 10. Jh.)
Einleitung
Juraj Šedivý
Nach dem Abzug der römischen Legionen aus Pannonien waren die Siedlungen zentralen Charakters (Städte, Märkte und Militärlager) öde. Während der darauffolgenden mehr als drei Jahrhunderte lebte die Bevölkerung der germanischen, slawischen oder awarischen Abstammung lediglich in Siedlungen ländlichen Charakters. Der Abbruch des Intensivkontaktes mit dem mediterranen Bereich hatte auch einen offenkundigen Niedergang der materiellen Kultur zur Folge. Erst die Erweiterung der Grenzen des neuen politisch-kulturellen Zentrums Europas – des Frankenreiches – an die mittlere Donau beschleunigte die hiesige politische und kulturelle Entwicklung. Beiderseits der Kleinkarpaten entstanden größere politische Einheiten, welche vom mährischen Mojmir zu einem Staatsgebilde zusammengebunden wurden, welches Großmähren genannt wird. Dieses neue mitteleuropäische Reich bestand ungefähr in den Jahren 833 bis 906. Sich sozial sowie kulturpolitisch seinem größten Rivalen anzugleichen spielte in der Geschichte von Großmähren eine bedeutende Rolle.
Die großmährischen Burgen Devín und Preslava.
Ján Steinhübel
Über dem Zusammenfluss von Donau und March, wo die Bernsteinstraße in das Mährische Fürstentum überging, ragte die Burg Theben (Devín) empor. Den Zugang zum anliegenden Neutraer Fürstentum überwachte die Burg Preslava, die heutige Pressburg. Nach dem Fall des Awaren-Khanats kamen die Fürstentümer beiderseits der Kleinkarpaten unter eine Regierung sowie unter eine einzige Kirchenverwaltung, die vom Passauer Bistum aus organisiert wurde. Zwei Kirchenbauten, welche die Archäologen entdeckten, – einen auf dem Thebener, den anderen auf dem Pressburger Burgfelsen – sind Belege für den Erfolg der Passauer Missionare. Die älteste Pressburger Kirche wurde dem Heiligen Erlöser (sanctus Salvator) geweiht. Dieses Patrozinium dürfte von der Verbindung von Pressburg mit dem Kloster des Heiligen Erlösers in Kremsmünster (Benedikterstift mit dem Patrozinium Christus Salvator Mundi) gezeugt haben.
Der großmährische Fürst Rastislav gab in den Jahren 858-864 Theben (Devín) den Vorzug vor seinem Hauptfürstensitz in Mikulčice. Von Theben (Devín) aus griff er gewandt in die Situation im breiten Reichsgrenzland am entgegengesetzten Donauufer ein. Wahrscheinlich ebenfalls auf der Thebener Burg – im Jahre 863 oder 864 – hieß Rastislav die byzantinischen Missionare Konstantinos (Kyrill) und Methodius von Saloniki und deren Geleit willkommen. Im August 864 überschritt der ostfränkische König Ludwig der Deutsche die Donau und umzingelte Rastislav auf der Thebener Burg, die bei der Gelegenheit in den Fuldaer Annalen (Annales Fuldenses) als Dowina erwähnt wurde. Rastislav musste Ludwig dem Deutschen Gefangene überantworten und einen Frieden mit ihm schließen. In den Jahren 882-884, als Zwentibald (Svätopluk) das bayerische Grenzland des Ostfrankenreiches bestürmte, konnten Theben (Devín) und Preslava wiederum in den Brennpunkt des politischen Geschehens rücken.
Am 4. Juli 907 machten die Magyaren in der Schlacht am Rechtsufer der Donau nahe der Burg Preslava (in Annales Iuvavenses maximi als Brezalauspurc erwähnt) ein großes bayerisches Heer zunichte und öffneten sich somit den Weg für ihre Raubzüge in einen großen Teil Europas.
The Hungarian Settlement and the battle of Brezalauspurc in the year 907
László Veszprémy
The Hungarians, having taken control of the territories between the River Dnester and the East Carpathians after the 840’s, have become a leading military power with their 20 000 riders, as it was mentioned in contemporary Arabic sources. They were often invited as auxiliary troops by different opponent parties for payment and booty. They entered the Carpathian basin for the first time in 862 when they supported the sons of Emperor Louis the German, and later appeared again at Vienna in 881. Perhaps they infiltrated into the Basin during these decades, but it is sure, they acquired an excellent geographical and diplomatic/political knowledge of the territories west of the Carpathians. They could have recognised the passes of the Carpathians fit for the march of greater armies, and that the basin as a whole was not controlled by any great power. They kept the main routes under military control, as witnessed by the remaining archaeological finds of a nomadic warrior at Przemyśl, and several others East of the Carpathians. Apart from the Franks their most important political partners were the Moravians; it is supported by the evidence of the surviving oral traditions about entering into alliance with Svatopluk, and purchasing his country for a white horse, as a part of a political trickery. The historical records suggest that the Hungarians fought against Svatopluk in 892, and in Moravian alliance against the Franks in 894.
It is well known from the sources that the Hungarians were attacked by the Pechenegs by surprise, encouraged by the Bulgarians, and it seems to be a decisive shock for leaving their earlier territorial and for the final conquest of the basin. By 895 the Hungarian tribes with their nomadic allies occupied the central parts of the Basin, except West of the Danube, that is Pannonia, and established their headquarters in the Upper-Tisza region, where a series of richly provided warrior graves came to light.
Though the conquest must have been a part of a large scale military strategy, the details are totally unknown. There are no mentions of fights between the conquerors and the local population, even about possible fights between them and the Moravians. The authenticity of early 13th century Hungarian Latin sources, describing heavy fights during the conquest, is debated. The numerical strength (between 100 000 and 500 000) of the conquering Hungarians is still open to dispute, similarly to the way of the linguistical assimilation of the local sedentary population. The basin, in spite of the spectacular differences with the Eurasian steppe, offered ample place to continue, at least for long decades, their traditional horse breeding and served as a favourable base for launching plundering expeditions, indispensable for the survival of the traditional militarised social structure.
The classical age of the raids is between 896 and 933, beginning with an attack against North-Italy in 899-900, on the "invitation” of King Arnulf. After their victory at the River Brenta (24 September 899), on their way back, they occupied Transdanubia, the former Pannonia duchy of the Franks, and till 902/906 the duchy of the Moravians, later consolidated their power at the battle of Bratislava (907), though in general they were better in raids than in battle. The professional nomadic art of war remained successful for almost a century against their western or Byzantine opponents, and some battles of the hundreds of smaller claches belong to the best documented contemporary armed conflicts. By the Hungarian chroniclers c. 1200 the beginnings of the earliest castle system were flashed back to the time of the conquest, but according to the latest archaeological evidences they were built of earth and timber only during the 11th century. After 906 they regularly raided the German territories, and the distant areas of the West. The campaigns were led on the level of tribes, but surely there was a co-operation between them in the reconnaissance and top policy making. The regular plunder and booty became the basis of their economical and social structure, and gave the nomadic raiding way of life an extra century plus, as well as a possibility of a gradual acculturation to the sedentary agricultural economy of their neighbours, though it is still debated how much they were nomads or seminomads by the end of the 10th century.
As the final military manoeuvre of the Hungarian Landnahme process, the Hungarians had a decisive victory over the Bavarian troops at Bratislava (Pressburg), though identified by others as Mosaburg/Zalavár in Hungary. The contemporary sources hardly tell any details, except that the mobilisation begun c. 17 June 907 at the River Enns, where King Charles the Child fell behind till the final defeat c. 4—6 July, testified by the entries in church necrologies, mentioning the death of Luitpold, the Bavarian duke, Theotmar, the archbishop of Salzburg, Zacharias and Odo, bishops of Freising and Brixen. It was Aventinus (Johannes Turmair, 1477-1534) who reconstructed the battle on the basis of (since then partly lost) necrologies, annals, the chronicles of Regino and Liutprand. He suggested an advance in three columns (on the both sides of the Danube, and by ships with supplies), very similar to Charlemagne’s campaign against the Avars in 791. They should have had a final meeting point at Bratislava, but due to some co-ordination mistakes they were annihilated column by column, in a series of clashes during several, at least three days. He adds a long list of participants, mostly killed, recorded only by his text. Modern scholars are highly critical toward his story, though it suits very well to the geographical conditions and the light cavalry military tactics of the Hungarians. It is sure, however, that the Bavarians gave up the former Carolingian Mark of Pannonia for ever, lost their territories eastwards of the River Enns, and accepted the Hungarian take over in the Carpathian Basin.
Archäologische Untersuchungen des großmährischen Pressburg. Die Pressburger Burg im Zeitalter des Großmährens
Tatiana Štefanovičová
Die Bedeutung von Pressburg im 9. Jh. wird auch durch die Tatsache bestätigt, dass diese eine der drei großmährischen Siedlungen ist, welche in den zeitgenössischen schriftlichen Quellen (Nitra – Nitrawa ca. 828 in Conversio Bagoariorum et Carantanorum, Devín – Dowina 864 in den Annales Fuldenses und Pressburg – Brezalauspurc 907 in den Annales Iuvavenses maximi) vorkommen. Die archäologische Forschung in den 1960er Jahren bestätigte, dass es sich um ein durchaus wichtiges Machtzentrum handelte. Die Burgsiedlung wurde mit einem gewaltigen Holz-Erde-Wall auf der Fläche von 5,5 ha umfriedet. Auf der höchsten Stelle befand sich ein kleinerer, zweiräumiger palastartiger Bau und auf einer vom Burgfelsengipfel ostwärts auslaufenden Flachebene stand ein Dreischiffssakralbau – eine aus sekundär verwendeten Steinen von Römerbauten errichtete Basilika. In den Gräbern im Umfeld des Baus fanden sich mit Granulation und Filigran verzierte Schmuckstücke mit Analogien auf den Bestattungsfeldern der mährischen Fundstätten in Mikulčice, Pohansko und Staré Město bei Uherské Hradiště, welche sich in das 9. Jh. datieren ließen.
Der Einfall der magyarischen Truppen gegen Ende des 9. und am Anfang des 10. Jhs. hat die Entwicklung vor Ort nicht unterbrochen. Falls doch, dann lediglich für eine kurze Zeit, worauf ein Be-festigungsbau hindeutet, welcher teilweise das südliche Seitenschiff überdeckt. Die Befestigung wurde wohl baulich nicht fertiggestellt, da sie am Anfang des 11. Jhs. durch das Mauerwerk der neuen Kirche überdeckt wurde, ebenfalls einer Dreischiffsbasilika, welche teils die ursprünglichen Mauern der älteren Kirche in Anspruch nahm, jedoch weiter westwärts versetzt war. Die Kirche war, so legen die schriftlichen Quellen Zeugnis ab, dem Heiligen Erlöser (Salvator) geweiht und diente als Sitz des Propstes und des Kapitels bis zum Anfang des 13. Jhs.. Auf dem bis zum Anfang des 13. Jhs. benutzten Kirchhof befand sich ein kreisförmiger, gemauerter Karner, in welchen die Gebeine von älteren, beschädigten Gräbern hineingelegt wurden. Auf der höchsten Stelle des Burgfelsens, der „Akropolis", wurde im 12. Jh. ein neuer, zweiräumiger, nord-süd-orientierter Palast errichtet: an dessen Südseite ist ein romanisches, gekuppeltes Fenstergewand (Drillings-fenster) erhalten geblieben. Die beiden Paläste, sowohl der aus dem 9. wie auch der aus dem 12. Jh., gingen in der Mitte des 13. Jhs. beim Erbauen des großen Wohnturms (1245) zunichte.
Die Besiedlung des Pressburger Suburbiums im 9. und 10. Jh.
Branislav Lesák
Auf die Problematik der Besiedlung von Pressburg im 9. bis 10. Jh. gerichtet wurde die Aufmerksamkeit der Archäologen erst durch die auf dem Areal der Pressburger Burg realisierte Forschung. Nebst der gefundenen, aus Holz-Erde-Wall bestehenden Fortifikation war ein äußerst bedeutsamer Fund die Freilegung eines Sakralbaues – einer großmährischen Kirche samt einem anliegenden Kirchhof, wodurch die Kontinuität der Bestattungen ab dem 9. bis zum 12. Jh. belegt wird. Im Anschluss an das Bestehen des Pressburger Burgzentrums begannen sich im Laufe des 9. Jhs. ostwärts, also im Raum des heutigen historischen Kerns, die Bedingungen für die Entstehung dessen Wirtschafts- und Handelsumlandes auszubilden, welches durch die Agglomeration etlicher Siedlungen gebildet wurde.
Die erste solcher Siedlungen befand sich am Hang des Burgfelsens, im Raum zwischen dem Wasserturm und der Altstadtstraße (Staromestská ulica), linkerseits der Straße von der Furt zur heutigen Martinsdom-Anhöhe. Von einer anderen Siedlung nahe der Burgstätte zeugt ein Fund eines Siedlungsobjektes in der heutigen Straße „Partizánska ulica" und eines Bestattungsfeldes in der heutigen „Myjavská ulica". Eine dritte Siedlung mitsamt einem Bestattungsfeld befand sich bei der Ausmündung des Baches Weidritz (Vydrica) im Mühltal (Mlynská dolina). Eine vierte Siedlung, die größte unter ihnen, erstreckte sich über den Westteil der heutigen Altstadt und hatte die besten Voraussetzungen für Entfaltung und Aufstieg. Diese ergaben sich im Allgemeinen aus der günstigen geographischen Lage.
Die Charakteristik dieses Siedlungsensembles prägt sich in den vorliegenden Funden auf unter-schiedliche Art und Weise aus. Am häufigsten werden Bruchstücke großmährischer Keramik aufgefunden. Die Funde stammen von den folgenden Standorten: Franziskanerplatz (Františkánske námestie) – Westrand, Franziskanerplatz (Františkánske námestie) – OJ III, Ursulinengasse (Uršulínska ulica) im Franziskanergarten, Venturgasse (Ventúrska ulica 10 u. 4), Kapitelgasse (Kapitulská ulica 4), Klarissergasse (Klariská ulica 8), Hauptplatz (Hlavné námestie) – Platzfläche, Hurbanplatz (Hurbanovo námestie), Zwingergasse (Úzka ulička) – Parzelle Nr. 456, Zwingergasse (Úzka ulička) – Gassenfläche.
Seltener erschlossen, jedoch umso bedeutender sind Befunde einer kontinuierlichen großmährischen Kulturschicht, der Nivellette (des Höhenverlaufs), welche durch die natürliche Anhäufung des Terrains und durch die erhöhte Besiedlungsaktivität entstanden war. Dergleichen Fälle sind aus den archäologischen Grabungen in der Judenstraße (Židovská ulica, vormals Schlossgrundgasse), der Propststraße (Prepoštská ulica 6) sowie der Venturgasse (Ventúrska ulica 3-5) (das Gelände von Universität Istropolitana) bekannt. Der in der Kapitelgasse (Kapitulská ulica 17) erfasste, außergewöhnlich kontinuierliche und unbeschädigte Fundhorizont, über einem als ein Befestigungstor mit sog. zangenförmigem Grundriss interpretierten Bauobjekt, vermerkte sehr genau das Niveau der geschichtlichen Gradiente, die sich mit dem Kulturhorizont des 9. Jhs. verbindet.
Im Rahmen des Siedlungsareals der Schlossgrundsiedlung haben archäologische Grabungen auch das Vorhandensein von Siedlungsobjekten in der Venturgasse (Ventúrska ulica 4), am Hauptplatz (Hlavné námestie) – Platzfläche und in der Kapitelgasse (Kapitulská ulica) – Parzelle Nr. 431 vermerkt, bzw. wurden ebenfalls Teile von Siedlungsobjekten in der Venturgasse (Ventúrska ulica 9 u. 10) bzw. in der Judenstraße (Židovská ulica, vormals Schlossgrundgasse) entdeckt. Anschließend an die beschriebene Sachlage erscheinen nebst Siedlungsfunden Grabganzheiten. Zuletzt haben Branislav Lesák und Margaréta Musilová den der Forschungsstand von Grabganzheiten auf dem Gebiet des historischen Kerns von Pressburg zusammengefasst und zwei Raumlinien der großmährischen Bestattungsfelder bestimmt, eine in der Linie Herrengasse (Panská ulica) – Lorenzertorgasse (Laurinská ulica) und eine weitere im Raum Franziskanerplatz (Františkánske námestie) – Ursulinengasse (Uršulínska ulica), wie auch die Kategorie der Sammelgräber in der Venturgasse (Ventúrska ulica 3-5) und in der Herrengasse (Panská ulica 16) bestimmt.
Zum Mosaik des aktuellen Besiedlungsstandes der zweiten Hälfte des 9. bis 10. Jhs. im Raum des ursprünglichen Pressburger Schlossgrundes passt im Allgemeinen auch die Serie der Siedlungsobjekte, welche während der Grabungssaisons 1989–1993 auf dem Hauptplatz (Hlavné námestie) untersucht wurden.
Der südliche Teil des Suburbiums im 9. bis 11. Jh.
Tatiana Štefanovičová
Südwärts neigte sich der Burgfelsenhang schroff zur Donau, daher haben sich hierauf die Siedlungsreste schlechter erhalten, sie wurden infolge von Regenfällen hinuntergespült. Eine kontinuierliche Ansiedlung hierauf ist vornehmlich seit dem Keltenzeitraum, insbesondere aus dem 1. Jh. v. Ch., erhalten geblieben. Eine große Bedeutung für die hiesige Besiedlung kam der Donaufurt zu, welche nicht nur die Kelten, sondern später auch die Slawen unter Kontrolle gehabt haben könnten. Ob sie auch von den Awaren beherrscht und besiedelt war, ist nicht ganz klar, trotz eines Fundes eines wohl aus einer höheren Lage herabgespülten awarischen Beschlags. Der Beschlag belegt jedoch die Präsenz der Awaren zumindest im Bergsattel des Burgfelsens.
Ein außergewöhnlicher Fund im unteren Bereich des Schlossgrundes ist ein freigelegter, geräumiger Bau etwa quadratischen Grundrisses mit einer erhaltenen Holzkonstruktion eines zusammengefallenen Daches. Er stammt vermutlich aus dem ausgehenden 8. bzw. frühen 9. Jh., genauere dendrochronologische Daten stehen bisher nicht zur Verfügung. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Bau als eine mit der Donaufurt oder dem Verkehr im Zusammenhang stehende Lagerhalle diente. Die Besiedlung in der ersten Hälfte des 9. Jhs. wird durch einen Fund von Axtbarren aus Eisen belegt, welche gleichfalls eine Rolle im Handelsverkehr gespielt haben können.
Eine intensive Besiedlung ab dem 10. Jh. belegten die Grabungen anhand der Funde von mehreren Wohn- sowie Produktionsobjekten. Von Interesse war die Sachlage hinsichtlich des Fundes eines Gefäßes charakteristischer slawischer Provenienz und eines anderen von Magyaren aus den südrussischen Steppen mitgebrachten Gefäßes; beide stammten aus benachbarten und wahrscheinlich zeitgenössischen Bauobjekten. Diese Sachlage könnte das Zusammenleben der slawischen und magyarischen Bevölkerung des südlichen Schlossgrundes verdeutlichen. Derlei spielte auch eine gewichtige Rolle bei der Entwicklung des Suburbiums im 11. und 12. Jh.
Die Besiedlung des Pressburger Suburbiums im 9. und 11. Jh. im Lichte der Grabfunde
Margaréta Musilová
Das Bestatten auf dem Gebiet des geschichtlichen Stadtkerns von Pressburg im Frühmittelalter verteilt sich auf zwei Zeithorizonte. Der erste Horizont (2. Hälfte des 9. bis 1. Hälfte des 10. Jhs.) fällt weithin mit dem Zeitraum des Großmährens zusammen. Der andere Horizont (10. bis 11. Jh.) stellt den Zeitraum ab der Beherrschung des Mitteldonauraums durch die Magyaren bis zum ersten Jahrhundert des Bestehens des Ungarischen Königreichs (Erkenntnisse davon haben Branislav Lesák und Margaréta Musilová anderenorts zusammengefasst) dar. Archäologisch lokalisierte Gräber aus dem Zeitraum des Großmährens treten in Erscheinung als Individuen-Gräber und als Sammelgräber. Die Gräber der Individuen werden in zwei Linien erfasst. Eine davon zieht sich in der Achse der westlich-östlichen Straßenlinie Herrengasse (Panská ulica) – Lorenzertorgasse (Laurinská ulica) und die andere befindet sich im Raum Michaelergasse (Michalská ulica) – Franziskanerplatz (Františkánske námestie) – Ursulinengasse (Uršulínska ulica; Bereich des vormaligen Franziskanergartens). Sie verdeutlichen den Fortgang der Besiedlung von der nächsten Nähe der Pressburger Burgstätte bis in die östlicheren Lagen. Die Gräber in der Linie Herrengasse – Lorenzertorgasse gehörten vermutlich zu dem am nächsten zur Burg gelegenem Suburbium, insgesamt wurden siebzehn Gräber von Erwachsenen und sieben von Kindern aufgefunden und untersucht. In der Linie Michaelergasse (Michalská ulica) – Franziskanerplatz (Františkánske námestie) – Ursulinengasse (Uršulínska ulica) wurden neunzehn Gräber von Erwachsenen und acht von Kindern erfasst. Dieses Bestattungsfeld wird der Siedlung zugeordnet, welche im Raum des Hauptplatzes (Hlavné námestie) lokalisiert werden konnte.
Im Rahmen der archäologischen Forschung in der Herrengasse 19-21 wurden vier Skelettgräber untersucht – drei Erwachsene und ein Kind. Am bedeutendsten war das Grab eines Kämpfers, der an seinem rechten Knie ein in der Form für das 9. Jh. charakteristisches Eisenbeil – eine Bartaxt – liegen hatte. Im Weiteren wurden Reste einer Zimmerung, ein neben die Hüftknochen gelegtes Eisenmesser, ein Feuerschläger (lyraförmig), ein Schleifstein, Hahnenfüße sowie ein topfartiges und mit einer gravierten Wellenlinie verziertes Gefäß, hergestellt auf einer schnell rotierenden Töpferscheibe, aufgefunden.
An einem unweit liegenden Standort in der Strakastraße (Strakova ulica) wurde ein Grab eines älteren Mannes entdeckt. Bei sich hatte er ein Fragment eines Eisenmessers; erhalten geblieben sind auch Bruchstücke von zwei Gefäßen. Über dem Schädel war ein Stein gelegen. In der Lorenzertorgasse 4 wurden zwei Gräber aufgefunden. In einem davon war eine Frau bestattet, in dem anderen ein Mann, welchem ein hohes, topfartiges Gefäß als Grabbeigabe („Liebesgabe") an die Fußsohlen gelegt worden war. Weitere fünf Gräber wurden in der Herrengasse 9 und 27 gefunden, vier davon waren Kindergräber. Ein Grab enthielt eine reichliche Ausstattung, mehrere slawische topfartige Gefäße und eine Flasche antiker Form, welche im großmährischen Milieu für ein fremd(ländisch)es Element gehalten werden kann. Im Zeitraum 2005 bis 2009 gelang es, weitere Skelettgräber freizulegen, und zwar in der Rathausgasse (Radničná ulica 1 – Apponyi-Palast), im Alten Rathaus und in der Nedbalstraße 12 (Nedbalova ulica, vormals Hummelgasse). Aus der Grabung im Apponyi-Palast stammen Funde zweier Gräber. Eine Eigentümlichkeit ist die erhalten gebliebene Holzauskleidung, welche unter dem Skelett entdeckt wurde; hierbei wurden auch zwei topfartige Gefäße und ein Eisenmesser gefunden. In der Nedbalstraße (Nedbalova ulica 12 – vormals Hummelgasse) kam es zu einer überraschenden Freilegung von sieben Grabganzheiten, in denen sieben Erwachsene und ein Kind lagen. Lediglich in einem Grab fanden sich ein Eisenmesser, ein Amulett und zwei Bronzeohrringe.
Die größte Überraschung bot die Freilegung eines Bestattungsfeldes im Bereich des ehemaligen Franziskanergartens in der Ursulinengasse (Uršulínska ulica). Die gefundenen großmährischen Gräber waren stratigraphisch unter mittelalterlichen Brotöfen aus dem 12. Jh. gelegen. Insgesamt wurden dreizehn Gräber von Erwachsenen und sechs von Kindern gefunden. Unter den bestatteten Individuen hob sich am meisten das Grab eines alten Mannes (Grab Nr. 12/95) in einer extrem geduckten Lage mit einem postum beschädigten Schädel, aufgefunden mit dem Gesicht zu Boden, ab. Bei zwei Individuen wurden anhand einer anthropologischen Klassifizierung auf ein mongolides Ethnikum hinweisende Zeichen (gelbe Rasse) ermittelt. Die Kindergräber waren reich an Grabbeigaben. Nebst der typischen großmährischen Keramik wurden in den Gräbern auch Schafs-, Ziegen-, Schweine-, Rinder- und Hühnerknochen aufgefunden. In den Jahren 2006 bis 2007 kam es in der Michaelergasse (Michalská ulica) 9 im Hof zu einer Entdeckung von sechs Skelettgräbern: In ihnen wurden ein Korallchen aus Glaspaste, ein lyraförmiger Feuerstahl und ein Messer aufgefunden.
Der Bestattungsritus
Die Orientierung der Gräber verläuft mit kleinen Abweichungen in der West-Ost-Linie. Die Slawen orientierten die Grabgrube sowie den Leichnam mit dem Gesicht gen Sonnenaufgang. Gleichwohl finden sich auf den Bestattungsfeldern des 9. und 10. Jhs. häufige Abweichungen, je nach der Hang- und Geländeneigung auf dem Gebiet. Die Kindergräber wurden zusammen mit den Gräbern von Erwachsenen freigelegt. Die Gräbermaße hängen von der Größe des Bestatteten ab. Die Gräber waren meistenteils rechteckiger Form, mit senkrecht geschnittenen Wänden und mit abgerundeten Ecken, in manchen Fällen mit einer Zimmerung. Die geläufige Art und Weise der Beisetzung von Bestatteten ist die ausgestreckte Lage auf dem Rücken, mit dem Schädel auf dem Hinterhaupt und mit Obergliedmaßen seitlich des Rumpfes. Als eine Abweichung wird die Beugung von Unter- oder Obergliedmaßen oder die Schwenkung des Schädels betrachtet. Die Abweichungen können entweder im Zusammenhang mit Antivampirmaßnahmen stehen oder eine außergewöhnliche Stellung des Beigesetzten in der Gesellschaft oder ggf. seinen Krankheitszustand zum Augenschein bringen.
Sammelgräber bzw. Siedlungsobjekte mit Resten menschlicher Individuen
Auf dem Gebiet der Denkmalzone wurden bisher zwei Ortslagen mit Funden von Sammelgräbern bzw. von Objekten mit Siedlungscharakter (z. B. Abfallgrube, Brunnen) aufgefunden, in welchen Leichen menschlicher Individuen deponiert wurden. Der bekannteste und älteste beider Funde ist zweifelsohne die Entdeckung in der Venturgasse (Ventúrska ulica) 3-5 (das Gelände von Universität Istropolitana). Sieben Männerskelette lagen in einer Grube mit nahezu regelmäßiger Rundform im Durchmesser von 172-173cm. Funde von Eisennägeln, Eisenstücken, Eisenschlacke, 13 Axtbarren aus Eisen sowie von einzelnen Scherben berechtigen zur Annahme, dass es sich hierbei um ein ungewöhnliches Begräbnis handelt, welches Gedanken an Vampirismus, ein Magieopfer oder eine Katastrophe hervorruft. Die Ringgrube könnte ursprünglich auch ein Brunnen gewesen sein, in den man die Leichen von Männern hineingeworfen hat, die eines gewaltsamen Todes gestorben sind.
Eine andere Sammelbestattung zu entdecken gelang es unfern der Herrengasse (Panská ulica 16). In einer Grube kreisförmiger Form lagen drei fächerförmig angeordnete Skelette mit gegen die Objektmitte gerichteten Beinen und mit Händen in Anlehnung an die Ringwand. Einer anthropologischen Untersuchung nach wurden hierunter zwei Frauen und ein Mann im Alter von 20 bis 40 Jahren begraben. Sie dürften zur Zeit ihrer Platzierung noch am Leben gewesen sein, jedoch tödlich verletzt, was ihre Positionierung bezeugen mag. In der Verschüttung wurden Bruchstücke slawisch-großmährischer Keramik, verziert mit Wellenlinien, aufgefunden. Die beiden Sammelgräber mit atypischer Positionierung von Körpern könnten mit Kriegsereignissen im ausgehenden 9. bzw. frühen 10. Jh. im Zusammenhang gestanden haben; auf dem Bestattungsfeld in der Linie Franziskanerplatz (Františkánske námestie) – Ursulinengasse (Uršulínska ulica) wurden laut anthropologischer Analyse zwei Gräber von Angehörigen eines mongoliden Ethnikums aufgefunden.Kein anderes Ethnikum kam sonst in der materiellen Kultur so deutlich zum Vorschein, was auf die Kontinuität der einheimischen Besiedlung bis zum Ende des 11. Jhs. hindeuten mag.
Die Umgebung von Pressburg im Zeitalter Großmährens
Vladimír Turčan
Das Bestehen von großmährischen Burgstätten steht in Verbindung mit der Errichtung eines Siedlungsnetzwerks im Hinterland von Wehranlagen und in deren breiterer Gegend. Die Verbindung zwischen den Burgstätten war in Anbetracht der Undurchdringlichkeit des Dickichtes nicht längs des Donaunordufers, sondern über die Blumenauer Pforte (Lamačská brána) möglich. Auf dieser Route sind mehrere Orte festgestellt worden, insbesondere im Mühltal und auf dem Gebiet des heutigen Kaltenbrunn (Dúbravka), woher Siedlungs- sowie Gräberfeldfunde wie auch eine Glashütte bekannt sind. Eine deutliche Ballung von Fundstätten mit Siedlungs- sowie Funeralcharakter ist in der Gegend von Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves) und dortselbst am Thebensee nachgewiesen. Ostwärts der Pressburger Pforte sind Gräberfeldfunde aus Weinern (Vajnory) und aus Bischdorf (Podunajské Biskupice) bekannt, zu¬vor¬derst aber das Gräberfeld in der Ortslage „Zlaté piesky" („Goldene Sande").
Das großmährische Gräberfeld am Erholungsgebiet „Zlaté Piesky" („Goldene Sande")
Ivan Kuzma
Im Südwestbereich der untersuchten Fläche, auf einer sanften Anhöhe, wo sich auch eine neolithische Ansiedlung konzentrierte, wurde ein Teil eines Gräberfeldes aus frühmittelalterlicher Zeit freigelegt. Insgesamt wurden hier 35 Skelettgräber untersucht, welche zwei große Gruppen bildeten. In die erste Gruppe gehören zehn Gräber mit überwiegender bzw. fast direkter Ost-West-Orientierung. In die zweite Gruppe gehören 21 Gräber, ihre Orientierung entspricht überwiegend der Linie Nordwest-West nach Süd-Südost (15), die restlichen sind von West nach Ostorientiert. Nebst diesen zwei Gruppen befanden sich vereinzelt die Gräber Nr. 23 im Sektor C/5 und zwei Gräber – Nr. 12 (Sektor C/22) und Nr. 13 (Sektor C/16), welche in die Aufschüttungen der Wohnhütten Nr. 20 und 100 aus der Latènezeit eingesenkt waren. Es ist auf diese Weise gelungen, den nördlichen und wahrscheinlich auch den West- und Ostrand des Gräberfeldes zu erfassen, welches sich vielleicht auf der Südseite weiter außerhalb der untersuchten Fläche erstreckt. Es ist allerdings auch nicht auszuschließen, dass es sich hierbei nur um diese zwei kleineren Gräbergruppen handelte (41 Individuen, ausgehoben aus 34 Gräbern). 23 Individuen waren männlichen und 14 weiblichen Geschlechts, bei 4 Gebeinen war es nicht möglich, das Geschlecht zu bestimmen. In der gesamten Gräber-Population wird die Mehrheit durch 25 nicht erwachsene Individuen repräsentiert. Der Grad der Erhaltung war leidlich schlecht, allerdings auch recht unterschiedlich: von gleichsam vollständigen Skeletten hin zu dünngesäten Fragmenten. Die Skelette lagen in ausgestreckter Position auf dem Rücken, mit den Händen seitlich des Körpers. Ausnahme bildeten Kinderskelette in Doppelgräbern: in zwei Fällen lagen sie seitlich.
Aus der Gesamtzahl von 35 Gräbern wurden sogar in fünf Gräbern jeweils zwei Tote in einer Grube bestattet. Das Grab Nr. 24 enthielt sogar Überreste dreier Individuen, wobei der Schädel eines davon sich allein in der Ecke eines darunter gelegenen Grabes befand. Es kamen Bestattungen sowohl übereinander wie auch nebeneinander vor. Im Fall des Grabs Nr. 24 handelte es sich vermutlich um eine Nachbestattung, als die Gebeine eines Kindes 25cm über einem auf dem Boden der Grabgrube ruhenden Skelett eines Erwachsenen beigesetzt wurde. Jeweils nebeneinander wurden die Toten in den Gräbern 18 und 9 gelegt. In dem beträchtlich entstellten Grab Nr. 32 fand sich ein Kinderskelett mitsamt einem weiteren Schädel, welcher im Bereich der unteren Gliedmaßen lag. Aus der Gesamtdisposition ging hervor, dass es sich nicht um ein Doppelgrab handelte, sondern um Entstellung eines älteren Grabs durch ein jüngeres, wovon auch unterschiedliche Niveaus von Grabböden zeugen. Im Grab Nr. 25 lag hingegen ein etwas auf einer Seite ruhendes Kinderskelett, situiert direkt auf der linken Seite der unteren Gliedmaßen eines erwachsenen Individuums. Bislang ohne Analogie und völlig untypisch ist die Position der Gräber Nr. 15 und 16. Ein Erwachsener wurde in eine Grabgrube einer Tiefe von 50cm beigesetzt (Nr. 16). Rechterhand davon wurde im Abschnitt des Rumpfs eine 20cm tiefe Nische eingetieft, in der ein linksseitig positioniertes Kinderskelett lag (Nr. 15). Vermutlich handelte es sich hierbei um eine Nachbestattung, als Beisetzung knapp neben einem noch erkennbaren Grab (Nr. 16), mit der Orientierung des toten Kindes solcherweise, dass sein Blick auf das erwachsene Individuum gerichtet war. In diesem Fall – ähnlich wie bei dem Grab Nr. 24 (fraglich sind Überreste eines dritten Individuums) und auch den weiteren Doppelgräbern – können Verwandtschaftsbeziehungen angenommen werden. Die Tiefe der Gräber betrug 10 bis 50 cm ab Erfassungsebene, die Grubenlänge 270 bis 360 cm bei den Erwachsenen und 120 bis 280 cm bei den Kindern. In mehreren Fällen wurde auch eine Holz-Ausstattung der Grabgruben festgestellt – als Brettverkleidung (in den Gräbern Nr. 22, 33 und 34), vermutlich als Rahmenkonstruktion (im Grab Nr. 20) und Seitenverkleidung (im Grab Nr. 34).
Die Gräber können in zwei Gruppen eingeteilt werden – mit Ausstattung und ohne eine solche (dieserart gab es lediglich 7 Gräber). Die Ausstattung bestand meistens aus Keramik. Ganze Gefäße kamen ein- bis dreizählig vor, dies in 14 Gräbern, davon in 7 Gräbern je zwei Stück. Außergewöhnlich war das Kindergrab Nr. 29, in dem – nebst Kleinmesser im Bereich der Gürtellinie – sogar drei komplett erhaltene Gefäße aufgefunden wurden. Die Gefäße wurden an die Beine, das Becken und den Kopf gelegt. Die Qualität des keramischen Materials ist minderwertig, offenbar handelte es sich um Bestattungskeramik. In einem Fall, im Doppelgrab Nr. 9, wurden auch Reste eines Holzgefäßes entdeckt – ein Kleineimer – und zwar recht schmale Eimerreifen im Querschnitt eines Halbkreises. Von anderen Fundstücken waren am häufigsten eiserne Messer, überwiegend kleinere Exemplare vertreten, aufgefunden in zehn Gräbern. Waffen und Bestandteile von Kämpferausrüstung tauchen auf dem Gräberfeld in „Zlaté piesky" nur in zwei Fällen auf. In einem Fall handelt es sich um eine Bartaxt aus dem Männergrab Nr. 22: Sie wurde am linken Knie des Toten aufgefunden. Im anderen Fall handelt es sich um zwei Sporen vom Typus III B, sie fanden sich im Doppelgrab Nr. 9 nahe der Fußsohlen des rechtsseitig liegenden Skeletts.
Schmuckstücke und Kleiderzierden sind durch Ohrringe, Glaskorallchen und einen Fingerring vertreten. In mehreren Gräbern kamen ebenfalls kleine, nicht näher bestimmbare Bronzebruchstücke vor. Die Ohrringe stammen aus fünf, ausschließlich Frauengräbern. Bronzeexemplare wurden in den Gräbern Nr. 5, 16, 26, 27, 28 und 34 entdeckt, silberne Exemplare in den Gräbern Nr. 20 und 35. Die Stücke aus Bronze waren einerseits einfache, ringförmige Drahtohrringe und andererseits Ohrringe mit einem spiraligen, sich konisch zuspitzenden Gehänge. In den Gräbern Nr. 20 und 35 wurden je zwei Silberohrringe aufgefunden, wobei einer dieser ein einfacher kreisförmiger war, der andere ein Typus mit einseitigen granuliertem Anhängsel und Knötchen mit drei Verdrillungen. Zwei Glasösenknöpfe mit einer Eisenöse wurden im Grab Nr. 5 aufgefunden. Sie waren untypischerweise aus Schwarzglas hergestellt, leicht abgeflacht und sehr gut erhalten geblieben. Ein gleicher Knopf, allerdings gelbgrüner Farbe, lag auch im Grab Nr. 6. Aus dem Doppelgrab Nr. 18 stammt ein Silberfingerring mit einem Schildchen. Das Schildchen ist kreisförmig aus dünnem Silberblech, verziert mit einer gravierte, achtarmigen Rosette: die Armenden mit Motiven eines Pfauenauges. Die Flächen zwischen den Armen sind mit Punzieren verziert. Die Schnallen aus der Römerzeit aus den Gräbern Nr. 23 und 24 können vermutlich als Amulette gedeutet werden. In den beiden Gräbern wurden auch Eierschalen aufgefunden, was als weniger übliche Lebensmittelbeigabe Vorkommen fand. Aus dem Grab Nr. 28 stammen Reste von bis zu vier Eiern, zum Ende der Beine hin gelegen.
Im Falle des Gräberfeldes im Pressburger „Zlaté piesky" lässt sich auf ein eher einer Mittel- bis höheren Sozialschicht gehörendes Begräbnisfeld damaliger Gesellschaft schließen. Als Nachweis für eine bestimmte Sozialstellung der Beigesetzten kann sowohl bereits die Ausstattung der Gräbergruben mit Holzteilen sowie auch die Zusammenstellung der Gegenstände der Begräbnisbeigabe betrachtet werden. Die Anwesenheit der Militärschicht wird durch Funde von Militaria in Männergräbern belegt. Desgleichen: Auch die Funde der Schmuckstücke in Frauengräbern, so die Silberohrringe, ein Fingerring mit Schildchen oder die Ösenknöpfe aus Glas, zeigen eindeutig auf, dass es sich hierorts um kein Gräberfeld einfacher Bauern handelt. Ob es sich um ein zu einer Siedlungsstätte des Militär-Schutztypus gehörendes Begräbnisfeld gehandelt haben mag, kann bislang, auch angesichts der Gräberanzahl, nicht eindeutig bestätigt werden.
Da dieses Gräberfeld bisher nicht gründlich bearbeitet und analysiert wurde, ist seine chronologische Position nicht eindeutig. Es treten hierorts Funde sowohl aus dem älteren wie auch aus dem jüngeren großmährischen Zeitraum auf, und dies in beiden Gräbergruppen. Vorderhändig kann das hiesige Bestatten jedoch in das zweite Viertel des 9. und in das erste Viertel des 10. Jhs. datiert werden.
Theben (Devín) im 9. und 10. Jh.
Katarína Harmadyová
Es gelang bislang nicht, die Spuren der ältesten Slawen im Umfeld von Theben (Devín) durch archäologische Grabungen nachzuweisen. Aus dem vorgroßmährischen und älteren großmährischen Kulturhorizont liegen aus der Gegend von Theben (Devín) bisher lediglich Belege für eine sehr sporadische Ansiedlung vor. Im klassischen großmährischen Zeitraum wuchs die Bedeutung dieser Mikroregion, was sich deutlich in der Zunahme von Belegen der Besiedlung niederschlägt. Die Burgstätte wurde zu einem Verwaltungs- und Machtzentrum der Region, sie besaß ein gewaltiges Wehranlagensystem, das vermutlich aus einem Holz-Erde-Befestigungswerk – vielleicht samt einem Wehrgraben – bestanden haben kann. Zu diesen Anlagen gehörten ebenso kleine Wachburgstätten „Na pieskoch" und „Nad lomom" auf dem Thebener Kogel (Devínska Kobyla) über Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves). Die Bewohnerzahl erhöhte sich, was sich in der höheren Anzahl freigelegter Siedlungsobjekte und Gräber abzeichnet. Bereits um die Mitte des 9. Jhs. wurde in der Ortslage Auf den alten Weinbergen (Staré vinohrady) bestattet und kurz darauf wurde begonnen, auch auf dem größten Thebener Bestattungsfeld in der Ortslage hinter der Kirche (Za kostolom) zu Grabe zu tragen.
Die Bewohnerschaft, die an diesen Orten bestattete, hatte vermutlich im Suburbium und in unteren Teilen der zentralen Burgstätte gesiedelt, welche als ein Refugium in der Zeit der Bedrohung ebenfalls für Bewohnerschaft aus entfernteren Ortschaften, gedient haben könnte. Die hiesigen Siedlungs- und Wirtschaftsobjekte gingen vermutlich größtenteils durch die jüngere Besiedlung zunichte. Unfern der Burgstätte wurde aus dieser Zeit bisher an der March ein einziges Bauobjekt – außerhalb von Burgstätten – freigelegt, welches als eine Fischerhütte gedient haben mag. Im Falle der Gegend von Theben (Devín) ist es erforderlich, für die Versorgung der zentralen Burgstätte und der Siedlungsstrukturen in ihrer unmittelbaren Gegend das breitere Hinterland in Betracht zu ziehen. Ein schmaler Streifen, umgrenzt von der March und Donau einerseits und von Hängen des Thebener Kogels andererseits, kann sicherlich nicht als hinreichender Raum für den Anbau von Landwirtschaftsprodukten zur Sicherstellung der Ernährung der Bewohnerschaft gedient haben. Sonach ist anzunehmen, dass ebenso das landwirtschaftliche Ackerland jenseits der Donau und March, im gegenüberliegenden Uferland auf dem heutigen österreichischen Gebiet, in Anspruch genommen worden sein muss.
Zeugnis von der Wichtigkeit und Außergewöhnlichkeit der Burgstätte und deren anliegender Gegend legen eine gemauerte christliche Kirche und ein Bestattungsfeld ab, auf welchem nur Angehörige der Fürstenfamilie und Mitglieder des Militärgefolges mit einem reichlichen Inventar beigesetzt wurden. Kontakte mit dem Bereich des Südmährens werden durch den bislang einzigen Fund eines Gefäßes des sog. Lautschitzer Typus (blučinský typ) auf dem Bestattungsfeld der zentralen Burgstätte belegt. Die Bedeutung von Theben (Devín) war im Zusammenhang mit dem Zerfall des Großmährischen Reiches im Niedergang begriffen, was seinen Ausdruck zum Einen in der Aufgabe der Burgstätte „Na pieskoch" fand, die Ihre Bedeutung verlor, sowie zum Anderen auch im Rückgang der Anzahl von Siedlungsfunden auf der Burgstätte und insbesondere im Ausklang des Beisetzens auf dem Bestattungsfeld hinter der Kirche („Za kostolom"). Die jüngsten Gräber gehen nur wenig über den Anfang des 10. Jhs. hinaus. Der Niedergang in der ganzen Gegend fand seinen Ausdruck ebenso im Erlöschen der Funktion als zweite Wachburgstätte „Nad lomom" und besonders im Niederriss des Sakralbaus, wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 10. Jhs., als begonnen wurde, an diesem Ort wieder während der nächsten etwa 300 Jahre beizusetzen.
Die Burg und das Suburbium Preslava im Königreich Ungarn.
Pressburg und Umgebung im 10. bis 12. Jh.
Schicksal der Burg Preslava vom 10. bis 12. Jh.
Ján Steinhübel
Irgendwann nach der Taufe des ungarischen Fürsten Géza und folglich des ganzen Ungarns durch bayerische Missionare (im Jahre 972) war über den Fundamenten eines zerfallenen großmährischen Kirchenbaus ein neuer Kirchenbau emporgewachsen, welcher von seinem großmährischen Vorläufer die Weihung dem Heiligen Erlöser (sanctus Salvator) erbte. Der erste ungarische König Stephan I. (997/1001-1038) ließ in Pressburg seine ersten Münzen prägen, welche auf dem Revers die Inschrift PRESLAVA CIV(ITAS) trugen. Dies ist eine Bezeichnung, mit welcher in dieser Zeit die Burg mitsamt den Siedlungen benannt wurde.
Im Krieg mit dem polnischen Fürsten Boleslaus I. dem Tapferen im Jahre 1001 verlor Stephan I. das Gebiet des Neutraer Fürstentums (Nitriansko). Da die Südgrenze des Neutraer Fürstentums an der Donau gelegen hatte, fiel ebenso Pressburg in die Hände von Boleslaus I., dem Tapferen. Im Jahre 1029 löste Stephan I. das Neutraer Fürstentum aus der Polen-Abhängigkeit los und errichtete auf dessen Gebiet Burggespanschaften (comitatus). Eine davon war die Pressburger Gespanschaft (comitatus Posoniensis), die sich in drei Distrikte (Districtus sub montibus / „Podhorie", Districtus inter aquas / „Medzivodie" und Districtus Challokuz/Challow / „Čalov") gliederte und welcher drei kleine Gespanschaften unterstanden. In der Region der Windischen Marchauen (Záhorie) waren das die Grenzgespanschaft Stampfen / Stupava (anfänglich vielleicht die Thebener), die Schosberg / Šaštín (später von Holitsch / Holíč) gewesen, welche im Jahre 1296 aufgehört haben zu bestehen, und an der Waag die Burggespanschaft von Schintau (Šintava), die im Jahre 1261 erlosch. Die Kirchenverwaltung der Pressburger Gespanschaft hatte die Pressburger Propstei und das Archidiakonat von Schosberg (Šaštín) in Obhut. Der Propst, der dem Kollegialkapitel vorstand, war zugleich ein Erzdiakon. Ihm unterstanden drei, in den Grenzen der erwähnten Distrikte befindliche Vizearchidiakonate.
Pressburg mitsamt den transdanubischen Burgen Wieselburg (Moson, heute ein Teil von Mo-sonmagyaróvár), Ödenburg (Sopron) und Raab (Győr) verteidigte den Westzutritt nach Ungarn. Anfang September 1042 wurde die ungarische Grenze vom Heer des deutschen Königs Heinrich III. und dem böhmischen Fürsten Bretislav I. überschritten. Die Belagerer eroberten Pressburg und zogen bis zur Gran. Im Juni 1052 belagerte Heinrich III., nun schon als Kaiser, Pressburg erneut, im September desselben Jahres zog er allerdings ohne Erfolg ab.
In den Jahren 1073–1074 führte der ungarische König Salomon einen Krieg wider seine Vetter, den Neutraer Fürsten Géza und den Bihorer Fürsten Ladislaus. Salomon ließ damals die Burgen Wieselburg und Pressburg befestigen. Im März 1074 verlor er eine weitere Schlacht und konnte sich lediglich die Grenzgespanschaften Pressburg, Wieselburg und Ödenburg halten. Im August 1074 kam der deutsche Kaiser Heinrich IV. Salomon zur Hilfe. Als das deutsche Heer im September jenes Jahres abgezogen war, zog sich Salomon nach Pressburg zurück, wo er daraufhin vom Neutraer Fürsten Ladislaus umlagert wurde. Salomon widerstand in Pressburg bis zum Jahre 1081. Im September und Oktober 1108 wurde Pressburg sieglos vom deutschen König Heinrich V. belagert. Sein Verbündeter, der böhmische Fürst Svatopluk II., plünderte die Gebiete bis zur Waag.
Der ungarische König Géza II. musste seine Königsmacht gegen die Ansprüche von Boris verteidigen, welcher von sich selbst behauptet hatte, ein Sohn des ungarischen Königs Koloman zu sein, und welcher sich mithilfe des bayerischen Herzogs und Markgrafen der Marchia orientalis (Ostarrichi), Heinrich II. Jasomirgott, des ungarischen Throns ermächtigen wollte. Mit bayerischen Soldaten eroberte er am 31. März 1146 die Pressburger Burg. Kurz darauf umzingelte König Géza II. die Burg und erkaufte sie für 3000 Mark Silber. Im Jahre 1162 zog sich der ungarische König Stephan III. vor dem Gegenkönig Ladislaus III. und danach vor Stephan IV. nach Pressburg zurück und verweilte dortselbst, bis er endlich im Juni 1163 erneut die Regierung antrat. Im Jahre 1189 lagerte auf dem vor Pressburg, am Südufer der Donau, zwischen Kittsee (Kopčany) und Engerau (Petržalka) befindlichen Feld „Vierfeld" der dritte Kreuzzug, welcher vom deutschen Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) geleitet wurde.
Leute in der Burg und im Suburbium.
Gesellschaftliche Struktur der Bewohner von Pressburg und Umgebung vom 10. bis zum 12. Jh.
Juraj Šedivý
Die Bewohner der Burg Breslava bzw. Preslava wie auch die der unmittelbar unter ihr liegenden Vorburgsiedlungen waren Teil einer heterogenen Gesellschaft, deren Hegemon seit Anfang des 10. Jhs. magyarische Stämme wurden. In der 1. Hälfte des 10. Jhs. war die Struktur der unterworfenen Altsiedler und der neu angesiedelten Eroberer wahrscheinlich noch unterschiedlich (Bauern und Fußkrieger mit Elite nach westlichen Vorbildern versus Halbnomaden mit Elite nach Steppentradition). Von Anfang an kam es jedoch zwischen beiden Gesellschaften zur gemeinsamen Annäherung – Akkulturation. Sie wird nicht nur durch schriftliche Quellen bezeugt (z. B. wird im Brief Theotmars über die von den Magyaren unterworfenen Slawen geschrieben, dass sie sich more hungarico die Häupter scheren und zusammen mit Magyaren den christlichen Westen angreifen) sondern würden davon auch archäologische Funde zeugen (z. B. in Vydrica – südliches Suburbium der Pressburger Burg – wurden in benachbarten Siedlungsobjekten aus derselben Zeit typische „slawische" Keramik und ein charakteristischer „altungarischer" Tonkessel gefunden). Die soziale Stratifikation im 10. Jh. war wahrscheinlich kompliziert und konnte nicht nur das Gesellschaftssystem der Eroberer sondern in gewissem Maße auch die Stratifikation der Eroberten respektieren. Zur Elite gehörten magyarische Stammesanführer mit ihrer nächsten Gefolgschaft. Niedrigere Position hatten die kollaborierenden Lokalherrscher nichtmagyarischen Ursprungs. „Mittlere Schichten" bildeten persönlich Freie mit Militärpflicht. Der Rest der Bevölkerung bestand aus mehr oder weniger persönlich abhängigen Bauern oder Hirten, aber auch aus Handwerkern und anderen Spezialisten, die um Machtzentren (Burgen) konzentriert waren. Die unterste soziale Stufung bildeten Gefangene und Verurteilte in Sklavenposition.
Annäherung der Halbnomaden und Sesshaften wurde durch Stabilisierung der Zustände im entstehenden Ungarischen Staat, der sich den westlichen sozialen Vorbildern anzupassen versuchte, stark unterstützt. Zur Voraussetzung der „Europäisation" des künftigen Königreichs gehörte der definitive Übergang vom Polytheismus zum Monotheismus (Christianisierung), von der Polygamie zur Monogamie, von der Großfamilie zur Paarfamilie, vom Levirat zur Primogenitur und allgemein von lockeren sozialen Bindungen der halbnomadischen Gesellschaft zur hierarchisch mehr gegliederten Struktur der ansässigen Bevölkerung. Die Situation in der 1. Hälfte des 11. Jhs. illustrieren die Gesetzesbücher Stephans I. und einige Urkunden aus seiner Zeit. Die Schriftstücke nennen explizit die Laien und den Klerus, weiterhin unterscheiden sie persönlich Freie (ihre Oberschicht bilden die domini, d. h. Herren von Unfreien), Halbfreie (liberti) und Unfreie (servi/ancillae). Nach ihrem Besitz bzw. Macht unterscheiden die Quellen zwischen maiores und minores. An der Spitze der Gesellschaft stand der König (rex)mit seinem Hof (curia regis) und Nächsten (Herzog / dux bzw. Magnaten / principes). Regionale Elite wurde durch königliche Amtsträger – Gespane (comites) und Richter (iudices) gebildet. Auf niederer Stufe stand eine breite persönlich freie Schicht der militärdienstpflichtigen Hauswirte (milites). Die Quellen kennen auch das „gemeine Volk" – wahrscheinlich halbfrei (vulgares). Die niedrigste Position hatten unfreie Knechte (servi). Verschiedene Position in der Struktur (von bäuerlichen Kolonisten über die milites bis hin zu Hofmitgliedern) konnten die „fremden Gäste" (hospites) haben. Das Verhältnis der höheren Schichten (inklusive der milites) zu den niedrigeren schätzte Gy. Györffy auf 1 : 4. Die kirchlichen Strukturen repräsentierten die (archi)episcopi und Äbte (abbati), aber auch niedriger gestellte Kle-riker in Missionszentren (presbyteri, sacerdotes) und Kanoniker oder Mönche.
Auch die Dekrete von Ladislaus I. (1077 – 1095) und Kolomann (1095 – 1116) widerspiegeln keine wichtigen Änderungen. Jene von Kolomann erwähnen zum ersten Mal den königlichen Rat (senatus regis). Zum ersten Mal erscheinen auch die cives, civiles (hebdomadarii). Es handelt sich wahrscheinlich um Synonyme, die ursprünglich die in der Nähe der Burgen lebende Bevölkerung bezeichneten.
Auf der Burg Preslava oder Breslava (in Quellen meistens als Brezburch, Posonium) und in Siedlungen unterhalb lebten während des 11. und 12. Jhs. zeitweilig Menschen aus allen Gesellschaftsschichten des mittelalterlichen Ungarns. Von Zeit zu Zeit besetzte der König mit seinem Gefolge die besten Räume auf der Burg. Die Münze mit der Inschrift S(TE)PHANVS REX / PRESLAVA CIV(ITAS) könnte ein Indiz für kurzfristige Residenzaufgabe von Pressburg unter Stephan I. (997/1000 – 1038) sein. Die Quellen belegen mehrjährige Aufenthalte von König Salomon (Kg. 1063 – 1074/77, in Pressburg wahrscheinlich zwischen 1074 und 1081) und Stephan III. (Kg. 1162 – 1172, in Pressburg wohl 1162). Aber auch andere Könige mit ihrem Hof hielten sich kurzfristig in Pressburg während ihrer ständigen Reisen durch das Land auf. Den Hof im engeren Sinne bildete die Dienerschaft, Leibwache und Familiäre des Königs, die Boten (nuntii regis, cursores) und der Klerus der Hofkapelle. Öfter bildeten auch wichtige Magnaten oder Prälaten mit ihren Familiären einen Anteil des Hofes.
Der ständige Hauptherr der Burg und der breiteren Umgegend war jedoch der Gespan (lat. comes comitatus, slow. župan, ung. ispán). Er vertrat den König in Angelegenheiten der Wirtschaft (Steuer), Administrative (Verwaltung der königlichen Gespanschaft / comitatus, pagus, civitas), Jurisdiktion (Hauptrichter im comitatus) und Militär (Kommandant der Komitatsarmee). Die Namen der Gespane des 11. Jhs. sind nicht überliefert. Vielleicht könnte ein nicht bekannter Boso (vgl. das Kapitel von Juraj Šedivý über die Namen von Pressburg) im 1. Drittel des 11. Jhs. oder der für das Jahr 1039 erwähnte marchio Sebes (vgl. das vorige Kapitel von Ján Steinhübel) zu ihnen gehören. Explizit wurde erst Leuca in einer um die Mitte des 13. Jhs. gefälschten Urkunde, die in das Jahr 1135 datiert wurde, erwähnt. Weiterer Gespan könnte laut György Pray gewisser Iulianus sein (1142). In Testes-Formeln der königlichen Urkunden kommen die Pressburger Gespane Vanlegen (1165), Johannes (1183), Petrus (vielleicht 1193, sicher 1194 und 1195) vor. Ein weiterer Johannes hatte die Funktion im Jahre 1198 inne. Im Jahre 1200 war Heinrich nicht nur der Pressburger Gespan sondern auch Palatin des ganzen Landes.
Dem Gespan stand wahrscheinlich schon derzeit ein curialis comes (ähnliche Stellung wie später der Burggraf) zur Hand. Ein königlicher Richter (iudex) konnte die Streitigkeiten der udvornici und ähnlicher Schichten schlichten, es gibt jedoch (wegen dem Quellenmangel?) keine Belege für diese Funktion in Pressburger Gespanschaft. Zur Elite der Region gehörten sicher auch Obmänner der wichtigeren in und um Pressburg lebenden milites-Geschlechter (seniores, maiores). Die Gesetze Stephans erwähnen, dass diese ihre eigene milites haben (St. I, 23).
Als mittlere Schicht kann man die persönlich freien Burgsoldaten (milites) bezeichnen. Sie waren im dezimalen und centurionalen System organisiert und dem Gespan unterstellt. Die meisten lebten nicht auf oder direkt unter der Burg, sondern hatten ihre Wirtschaftshöfe in breiter Umgebung. Die Bilderchronik hielt die Namen einiger von ihnen zum Jahre 1052 auf (multi enim milites erant in Poson – namentlich Woytech, Endre, Vylungard, Vrosa, Martinus, Zothmund u. a.). Ihre Eigennamen und spätere Bezeichnung (vitéz vom slowakischen víťaz?, durugh vom slow. druh?) deuten auf ihren ethnisch heterogenen Ursprung hin. Je nach ihrem Geschick und fortuna stratifizierten sie sich und im 12. Jh. entstanden „die besseren Soldaten" (proceres bzw. liberi sancti Stephani) zu denen auch die 22 Familien der Burgsoldaten (suburbani Posoniensis castri), die 1165 vom Stephan III. ihrer Verpflichtungen gegenüber der Burg ledig wurden und unter die proceres castri bzw. proceres filii sancti Stephani regis erhoben wurden. Als „bessere" wurden auch die Jobagione (aus dem ungarischen jobb?) bezeichnet. Zu ihnen gehörte wohl auch gewisser Zerzewoy (vom slow. Zrzavý?/der Rotharige?), Sohn von Zbima, der 1197 von Emerich in den sich bildenden Adelsstand (nobiles) erhoben wurde.
Die weniger wohlhabenden Krieger und Hauswirte kann man wahrscheinlich mit den castrenses identifizieren. Sie waren eigentlich Bauern mit Militärverpflichtungen, die kein markantes Glück in der Karriere hatten. Während die Jobagionen um 1200 persönlich völlig frei waren, konnten die castrensesdurch den König samt „ihrem" Boden an andere verschenkt werden. Die meisten von ihnen wurden im 13. Jh. zu wohlhabenderen Untertanen. Niedrigere Stellung im „gemeinen Volk" hatten die ohne militärische Pflichten belegten Udvornici, die aber spezielle Dienste leisten mussten (z. B. als Schmiede, Falkner, Töpfer usw.). Sie besorgten die königlichen Burgen und Höfe. Ihre Anwesenheit in der Umgebung Pressburgs belegen Toponyme wie Dvorníky (Dorf der Udvornici), Hrnčiarovce (Töpferdorf) oder Pustý Fedimeš (Imkerdorf). Den castrenses oder udvornici ähnliche Stellung hatten wahrscheinlich die meistens in den oder unweit der Suburbia lebenden cives/civiles. Die Bezeichnung wurde allmählich seit dem 12. Jh. (ausgehend aus dem kroatischen Teil der Monarchie) auf die Bewohner der sich bildenden Städte (cives als „Bürger" im Unterschied zu den villani) verwendet. Das Gros der einfachen Bevölkerung (vulgus, populus) bildeten auch im Pressburger Komitat die halbfreien Bauern mit ihren Familien. Von ihrem Herr abhängig waren die eigentumslosen servi / ancillae, mancipii. Die Urkunden des Pressburger Kollegiatkapitels aus den 1280er und 1290er Jahren belegen, dass es genug von solchen auch an adeligen Höfen um Pressburg gegeben hat.
Einen eigenen Teil der Pressburger Gesellschaft bildeten Mönche und Kleriker. Während des 11. Jhs. gab es in Pressburg wahrscheinlich nur ein männliches Kirchenzentrum (Missionskirche auf der Burg, die in der 2. Hälfte des 11. Jhs. in ein Kollegiatkapitel umgewandelt wurde). Die rotundenförmigen Dorfkirchen in Suburbien entstanden erst in der 1. Hälfte des 12. Jhs. und ihre Patrozinien können auf sozialen Ursprung der Bewohner verweisen (Hl. Nikolaus als Patron der Kaufleute, Hl. Laurentius, später auch Hl. Michael und Martin als typische Soldatenpatrozinien). Die Datierung der ältesten monastischen Frauengemeinschaft (wahrscheinlich Büßerinnen) ist ungewiss, sie wurde 1235 zu den Zisterzienserinnen inkorporiert, entstand aber vielleicht schon im 12. Jh.
Die Besiedlung des Pressburger Suburbiums vom 11. bis in die erste Hälfte des 13. Jhs.
Branislav Lesák
Unter den ältesten Städten auf dem Gebiet der Slowakei hatten diejenigen eine Sonderstellung, die an die ältere intensive Besiedlung im nachgroßmährischen Zeitraum angeknüpft hatten; diese formierten sich nahe der ursprünglich großmährischen und später ungarischen Wirtschafts- und Verwaltungszentren der Macht. Sie entwickelten sich in den strategisch wichtigen Lagen, in der Nähe von Kreuzwegen von Netzwerken des Fern- und Ortshandels und -marktes; häufig lagen sie an den Zentren der Gespanschaftsverwaltung des frühmittelalterlichen Ungarns. Das Abbild dieser allmählichen Entwicklung ist im Falle von Pressburg hauptsächlich die Zunahme von Funden der frühmittelalterlichen Bestattungsfelder aus dem ausgehenden 10. bis dem 11. Jh. aus dem Bereich der Altstadtstraße (Staromestská ulica) und der Kapitelgasse (Kapitulská ulica), aus der Linie Hauptplatz (Hlavné námestie) – Sattlergasse (Sedlárska ulica) und aus dem Marktplatz (heute Námestie SNP). Dieser Entwicklungsgang wird auch vom kontinuierlichen Beisetzen im Areal der Pressburger Burgmitbegleitet und durch Gräberfunde um die St.-Nikolaus-Rotunde am Westhang des Burgfelsens sowie Gräberfunde um die St.-Laurentius-Rotunde am Marktplatz (heute Námestie SNP) gestützt. Der ermittelte Umfang der Siedlungsfläche östlich des Burgfelsens in der Spannweite des ausgehenden 10. bis ins 11. Jh. ist gleichsam nur durch die Funde von Grabganzheiten gegeben.
Der Zeitraum der Entwicklung der Stadt vor dem Erhalt der Stadtprivilegien selbst kann großteils mit dem von der zweiten Hälfte des 12. bis zur Mitte des 13. Jhs. zu datierenden archäologischen Horizont gleichgesetzt werden. Die Stadt erwarb den administrativ-rechtlichen Charakter eines bedeutenden Wirtschafts- und Sozialorganismus, im Zentrum dessen es zu entscheidenden Umwälzungen kam. Die Wandlungen betrafen sowohl die Urbanisierung der Stadt (Entstehung und Bildung erster Straßennetze sowie öffentlicher Räume, Siedlungsverdichtung des Raumes), wie auch Rechtsregelungen, von denen deutsch sprechende Gäste zu Trägern der Umbrüche geworden sind. Darüber hinaus spielte auch die Lage der Stadt im Verbund mit Fern- und Ortshandel eine durchaus aktive Rolle. Nebst der Burg samt Suburbium (burgus) fanden sich auf dem Gebiet der mittelalterlichen Stadtagglomeration oder in deren unmittelbarer Nachbarschaft Siedlungen um die Kirchen St. Andreas, St. Michael, St. Nikolaus,St. Laurentius und St. Gotthard (lediglich von dieser einzigen, der letztgemeinten, ist auch ihr zeitgenössischer Name Szeplak (Krásna Ves) überliefert). Am Südhang des Burgfelsens stand die Zollstation Wasserturm mit der anliegenden Siedlung Weidritz (Vydrica).
Der Kern der frühmittelalterlichen Ansiedlung sammelte sich im Bereich der Kapitelgasse (Kapitulská ulica), also im Westteil des Schlossgrundes. Vom Nordosten her mündete in die Kapitelgasse (Kapitulská ulica) ein Verkehrsweg, der sich ab der Donaufurt Richtung Burg zog. Ergebnisse archäologischer Grabungen erlauben, in dessen Nähe für bereits vor der Mitte des 13. Jhs. das Bestehen einer Bebauung mit gemauerten Steinbauten mit Wohncharakter anzunehmen, welche diese Straßenlinie respektierten. An der Ostseite dieses Verkehrswegs erstreckte sich das Ordenshaus der Zisterzienserinnen, welches am Ort des späteren Klosters und Kirche der Klarissen gegründet wurde und bereits im Jahre 1235 Erwähnung fand. Am damaligen Kreuzweg der heutigen Straßen Venturgasse (Ventúrska ulica), Herrengasse (Panská ulica) und Kapitelgasse (Kapitulská ulica) bis zur Mündung zum Weidritzer Tor befand sich ein Freibereich (der älteste Marktplatz) – sein kleines Überbleibsel ist heutzutage der Rudnayplatz (Rudnayovo námestie, vormals Domplatz). In diesen Bereich mündete eine bedeutsame Handelsstraße – die sog. Marchstraße – ein, welche sich an dieser Stelle mit einer weiteren wichtigen Ost-West-Linie – der Donaustraße – kreuzte. In ihrer gemeinsamen Schnittfläche, welche zur Donaufurt am Wasserturm hinausführte, wird daher die Existenz eines älteren, mittelalterlichen Platzes in Form einer Gabel vermutet.
Etwas jünger scheint der Bereich des Hauptplatzes (Hlavné námestie) zu sein, der bereits eine regelmäßig quadratische Form hatte. Es wird angenommen, dass er nicht durch eine allmähliche Entwicklung entstand, sondern einmalig gegründet wurde, und dass dessen Bebauung im Zusammenhang mit der deutschen Kolonisierung in der Stadt steht. Unter stadtnahen Siedlungen, deren Gebiete auch auf das Gebiet der späteren mittelalterlichen Stadt übergriffen, war die Siedlung des St. Laurentius von außergewöhnlicher Bedeutung. In ihrem Zentrum wurde bereits um die Wende vom 11. zum 12. Jh. auf der Stelle eines älteren Gräberfeldes eine Rotunde mit einem Rundschiff und vermutlich einer Halbkreisapsis erbaut. Unter weltlichen Bauwerken wurde im Bereich des Schlossgrundes nebst den bereits erwähnten gemauerten Bauobjekten im Bereich der Kapitelgasse (Kapitulská ulica) das Holzblockhaus mit Steinuntermauerung zu einem typischen Wohnbau.
Im Gefüge von Bauobjekten mit Wohncharakter oder auch allein existent erscheinen ebenso solche, die in die Kategorie Wirtschaftsobjekte eingeordnet werden können. Ein bisher am besten erhalten gebliebener Komplex von Öfen stammt aus der Ursulinengasse (Uršulínska ulica) aus dem Bereich des vormaligen Franziskanergartens. In allen beschriebenen Fällen handelte es sich um Einraumöfen zum Backen. Der Entwicklungszeitraum der Stadt vor dem Erhalt der Stadtprivilegien selbst war mit allgemeinen Wirtschaftswandlungen verbunden, die durch die Ankunft von neuen romanischen und deutschen Kolonisten hervorgebracht worden waren. Der ungarische König Belo III. gab sich Mühe, politische und wirtschaftliche Verhältnisse im Staat an den abendländischen Standard anzugleichen. Diese progressive Entwicklung bringen auch Funde von Münzen in Verbindung mit konkreten primären Schichtungslagen zur Äußerung. Der grundlegende Wandel in der Veränderung der Besiedlung auf dem Gebiet von Pressburg, die sich dort im 12. und im frühen 13. Jh. abgespielt hatten, fanden auf eine deutliche Art und Weise ebenso in den Gegenständen des Alltagsgebrauchs ihren Ausdruck. Diese Gruppe archäologischer Funde besteht vor allem aus Keramik, welche unter mehreren Gesichtspunkten für die repräsentativste Erkenntnisquelle zu halten ist. Gerade in diesem zu betrachtenden Zeitraum sind im Keramikmaterial Veränderungen sowohl in morphologischer wie auch technologischer Hinsicht zu beobachten. Während ein Teil des ausgemachten Scherbenmaterials von typologischem Gesichtspunkt her eindeutig aus den älteren großmährischen bzw. nachgroßmährischen Formen hervorgeht, verliert der andere Teil des Fundmaterials einheimische slawische Traditionen und ist für einen Teil der Produktion von Keramik zu halten, welche entweder unter dem Einfluss fremder Gäste hergestellt worden ist oder direkt aus der Produktion der in Ankunft begriffenen neuen Ansiedler stammt.
Pressburger Grabstätten vom 11. bis in die erste Hälfte des 13. Jhs.
Margaréta Musilová
Die Verbreitung des Christentums brachte den Aufbau neuer Kirchbauten mit sich, bei welchen nunmehr Kirchhöfe entstanden sind. Diese haben nun allmählich ältere Bestattungsfelder ersetzt. Den Toten wurden keine Grabbeigaben mehr in die Gräber gelegt, das Grabinventar beschränkte sich auf persönliche Schmuckstücke bzw. auf Gewandteile. An die großmährischen Bestattungsfelder in den Straßenlinien Herrengasse (Panská ulica) – Lorenzertorgasse (Laurinská ulica) und Franziskanerplatz (Františkánske námestie) – Ursulinengasse (Uršulínska ulica) knüpfte kontinuierlich das bislang umfangreichste Begräbnisfeld aus dem 11. Jh. an, welches in den Jahren 1987–1993 auf dem Hauptplatz (Hlavné námestie) und in den anliegenden Straßen Sattlergasse (Sedlárska ulica) und Grünstüblgasse (Zelená ulica) entdeckt wurde. Bei den archäologischen Grabungen wurden insgesamt 76 Gräber freigelegt. Dank der Begleitfunde – für diesen Zeitraum typische, s-förmige Haarringe – wurden die Gräber in das 11. Jh. datiert. Ungeregeltes Bestatten innerhalb der Siedlung hörte jedoch erst im Laufe des 12. Jhs. auf, als es sich zu den Sakralbauten hin verla-gerte. Der gewonnene Raum wurde für neue Besiedlungen und die urbanistische Entfaltung der Stadt freigegeben. Binnen dem 12. Jh. und zum Anfang des 13. Jhs. erfuhr die Funktion dieses „Zwischenbereichs" (Hauptplatz – Hlavné námestie – mitsamt Umfeld) einen Wandel von einem Bestattungsfeld zu einem Marktplatz und hinterher zu einem Straßenplatz. Dank den archäologischen Grabungen gelang es, Paradoxlagen ausfindig zu machen, wo beispielsweise eine Brotbackofenbatterie aus dem 12. Jh. knapp über Grabgruben eines Bestattungsfeldes aus dem 9.-10. Jh. – in der Ursulinengasse (Uršulínska ulica) – aufgebaut wurde. Dergleichen Situation zeigte sich ebenso auf dem Hauptplatz (Hlavné námestie). Die Funktion eines öffentlichen Raumes erfüllte der Hauptplatz (Hlavné námestie) zumindest seit der Mitte des 12. Jhs., was Funde von Münzen aus den Siedlungsobjekten – Silberpfennige aus dem 12. Jh. – bestätigen.
Ein Ausdruck der Konsolidierung von Verhältnissen ist auch die Zunahme von Funden frühmittelalterlicher Begräbnisfelder aus dem Kulturhorizont des ausgehenden 10. bis 11. Jhs. im Bereich der Altstadtstraße (Staromestská ulica) und der Kapitelgasse (Kapitulská ulica). Es wurde kontinuierlich ebenso auf dem Bestattungsfeld im Areal der Pressburger Burg, um die St.-Nikolaus-Rotunde am Westhang des Burgberges, um die St.-Laurentius-Rotunde auf dem Marktplatz (heute Námestie SNP) sowie um eine Rotunde bei dem heutigen St. Martinsdom zu Grabe getragen. Ab dem 12. Jh. infolge der Ankunft neuer Siedler kommen Kirchhöfe bei den Siedlungen von St. Michael, St. Gotthard, St. Laurentius, St. Andreas sowie in Weidritz (Vydrica) hinzu.
Auf der Ostterrasse der Pressburger Burg, an der Kirche des Heiligen Erlösers (sanctus Salvator), welche auf der Stelle der großmährischen Basilika vermutlich im 11. Jh. entstanden war, bestand ein Reihen-Kirchhof. Das Zugrabetragen an diesem Standort ist bereits seit der großmährischen Zeit nachgewiesen. Insgesamt wurden hierorts durch die archäologischen Grabungen 229 Gräber vom 9. bis zum 13. Jh. ermittelt, was jedoch nicht die Gesamtzahl von Beigesetzten wiedergibt. Das Begräbnisfeld hatte in der jüngeren Phase binnen dem 11. bis 12. Jh. den Charakter eines Schachtgräberfriedhofs, wo die Toten in Holzsärgen beigesetzt wurden. In diesem Horizont sind das charakteristische Grabinventar s-förmige Haarringe, einige anhand von Münzen in die erste Hälfte des 12. Jhs. datiert. Außer Haarringen trugen manche Tote Fingerringe, Halsbänder, Aufnäher und Schnallen. Am Kreuzweg der heutigen Straßen Venturgasse (Ventúrska ulica), Herrengasse (Panská ulica) und Kapitelgasse (Kapitulská ulica) bis zur Mündung zum Weidritzer Tor befand sich ein Freibereich, dessen kleines Überbleibsel heute der Rudnayplatz ist (Rudnayovo námestie, vormals Domplatz). In diesen Bereich mündete eine wichtige Handelsstraße, die sog. Marchstraße, ein, die sich hierorts mit einer anderen wichtigen Handelsstraße an der Ost-West-Linie – der Donaustraße – überkreuzte. In ihrer gemeinsamen Schnittfläche, die zur Donaufurt am Wasserturm weiterführte, wird daher das Bestehen eines älteren mittelalterlichen gabelförmigen Platzes angenommen, das hierorts als öffentlicher Bereich vermutlich vom 11. bis zum ausgehenden 13. bzw. frühen 14. Jh. zur Verfügung stand. In der Linie Altstadtstraße (Staromestská ulica) – Kapitelgasse (Kapitulská ulica) gelang es, 14 Gräber zu entdecken, welche zu dem am Osthang des Burgberges liegenden, ausgedehntesten Begräbnisfeld gehörten. Dieses Begräbnisfeld gehörte den Bewohnern der slawischen Siedlung, welche sich ebenfalls am Hang dieses Berges befand. Die Verteilung der Gräber im Raum kann sicherlich nicht zufällig gewesen sein, bislang wurde archäologisch jedoch kein Kirchenbau nachgewiesen, welchem diese Gräber zugehören konnten. Als ein Sakralbau für dieses Begräbnisfeld könnte hypothetisch eine Kapelle am Ostausläufer des Burgberges, im Bereich des heutigen St. Martinsdoms, angenommen werden. Diese 14 Gräber reihen sich in den älteren Fundhorizont (Ende des 10. bis 11. Jhs.), in welchen ebenso die Gräber aus dem Hauptplatz (Hlavné námestie) und der Sattlergasse (Sedlárska ulica) wie auch die erste und älteste, bei der Untersuchung der St. Jakobskapelle am Marktplatz (heute Námestie SNP) 1994–1996 erfasste Gräberschicht gehören. Das ergibt sich vor allem aus der Grundcharakteristik dieser Begräbnisfelder, welche für Reihenbegräbnisfelder gehalten werden, im Falle des Hauptplatzes (Hlavné námestie) auch mit Schachtbestattungen. Hierorts kamen auch Elemente von Antivampirmaßnahmen und eine eingeschränkte Menge von Fund- und Grabinventar vor. Als gemeinsamer Nenner aller drei Begräbnisfelder zeigt sich die Nähe von Kommunikationswegen, welche magisch-heidnischen Vorstellungen nach bis weit in das 11. Jh. hinein eine spezifische Stellung eingenommen haben.
Der Prozess der Christianisierung, unterbrochen durch den Einfall alter heidnischer Magyaren, begann nur langsam wieder fortzuschreiten. Ungarische Könige im 11. Jh. verordneten per Dekret die Pflicht, Tote durch Hinterbliebene bei Kirchen beisetzen zu lassen. Das älteste Beispiel einer Kirche in Pressburg, um welche ein Kirchhof in Betrieb war, ist die Kirche des Heiligsten Erlösers im Areal der Burg. Im Pressburger Schlossgrund entstanden um das Jahr 1100 die St.-Laurentius-Rotunde in der Siedlung des St.Laurentius und die St.-Nikolaus-Rotunde in der Siedlung des St. Nikolaus und vermutlich auch eine Rotunde am Ort des St. Martinsdoms. Um diese Sakralbauten konzentrierte sich seit dem ausgehenden 11. Jh. das Zugrabetragen von Verstorbenen. Die jeweiligen stadtnahen Siedlungen außerhalb der Stadtmauer besaßen je ihre eigenen Kirchhöfe. 2005–2006 wurden archäologische Grabungen auf dem Hurbanplatz (Hurbanovo námestie, vormals König-Ludwig-Platz) durchgeführt. Erfasst wurde die vorgotische und gotische Phase der St. Michaelskirche; mit dieser Bauphase stehen 40 freigelegte Gräber in Zusammenhang. Nachdem mittelalterliche Stadtmauern irgendwann gegen Ende des 13. bzw. zum Beginn des 14. Jhs. erbaut worden waren, blieb als der einzige innerstädtische Kirchhof bis zum 18. Jh. der Kirchhof an der St.-Michael-Pfarrkirche am heutigen Rudnayplatz bestehen.
Die Funde aus dem 11. und 12. Jh. aus der Gegend von Pressburg
Vladimír Turčan
In diesem Zeitraum entwickelte sich siedlungstechnisch die Besiedlung nicht nur im Stadtkern und in Theben (Devín), sondern auch in den heutigen Randgebieten der Stadt. Am Nordrand von Kaltenbrunn (Dúbravka) stand im 13. Jh. an der Stelle des gegenwärtigen Sakralbaus eine kleine Einschiffskirche mit Rundapsis. In der Ortslage „Veľká Lúka" am Westrand desselben Stadtteils wurde in der Mitte des 12. Jhs. ein Hof mit einem Steinwohnbau und mit Wirtschaftsbauten als Wohnsitz des niederen Adels erbaut. Weitere Belege für die Besiedlung sind aus Karlsdorf (Karlova Ves) bekannt – ein Grabhügelgebilde, sowie aus Mühltal (Mlynská dolina) – eine Feuerstätte, Blumenau (Lamač), Nordost-Karlsdorf (Karlova Ves – severovýchodný okraj) – Dúbravská cesta, Bisternitz (Záhorská Bystrica) und Ratzersdorf (Rača) – Scherben.
Theben (Devín) vom 10. bis zum 12. Jh.
Katarína Harmadyová
Mit dem Untergang des Großmährischen Reiches ging die Bedeutung der Thebener Gegend deutlich zurück, was ihren Ausdruck in der sinkenden Anzahl aufgefundener Siedlungsobjekte und im Ausklang von Bestattungen auf dem Begräbnisfeld hinter der Kirche (Ortslage „Za kostolom") sowie im Verlassen der Burgstätte in der Ortslage „Nad Lomom" fand. Die gemauerte Kirche verfiel – oder ist vorsätzlich niedergerissen worden, um die Fläche des Kirchhofs zu erweitern. Über der Restruine der Kirche begann man bereits im ausgehenden 10. Jh. wieder zu Grabe zu tragen. Unfern der vergangenen Kirche befindet sich ein Rundbau, der als kleinerer Sakralbau gedeutet wird, welcher funktionsgemäß den untergegangenen großmährischen Kirchenbau ersetzt haben könnte. Das Bestattungsfeld im Areal der Burg Theben wurde bereits vor dem ersten Weltkrieg untersucht und insgesamt gelang es hierauf, über 600 Gräber freizulegen. In den Gräbern wurden s-förmige Silberhaarringe, Bronze- und Silberfingerringe, Halsketten aus Halbedelsteinen und Glaskorallchen, Ring- sowie Ovalfibeln aus Eisen oder Bronze aufgefunden. In manchen Gräbern fanden sich ebenso Münzen, welche den Toten symbolisch für ihren letzten Weg mitgegeben wurden. Die ältesten Gräber des Reihenkirchhofs dürften in die zweite Hälfte des 10. Jhs. fallen, die jüngsten in die Mitte des 12. Jhs.
In der zweiten Hälfte des 13. Jhs. bestand ein Kirchenbau wohl bereits auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Devín (Theben), seine erste überlieferte schriftliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1307. In dessen Umfeld wurde im 13. Jh. mit Beisetzungen begonnen und im 18. Jh. aufgehört. Ein Einzelgrab aus dem 11. Jh. wurde in der Muráňstraße (Muránska ulica) freigelegt. Die Bewohner der Thebener Gegend, welche auf dem besagten Kirchhof zu Grabe getragen wurden, bewohnten überwiegend die unteren Teile der Burgstätte. Daselbst gab es Einraumwohnstätten quadratischen Grundrisses mit Steinunterbau. Die Verteilung von Bauten ermöglicht anzunehmen, dass sie eine Siedlung des Straßentyps bildeten. Erst im 13. Jh. wuchs teilweise die politische und strategische Bedeutung der Burg Theben erneut. Allerdings wurde eine größere Entfaltung der hochmittelalterlichen Besiedlung wohl durch die Konkurrenz des nahliegenden Pressburg gehindert.
Das Münzwesen im frühmittelalterlichen Pressburg
Ján Hunka
Durch die Gegend der Thebener (bzw. Pressburger / Ungarische) Pforte und des heutigen Pressburg (Bratislava) zogen während des Frühmittelalters entlang einer alten Donaustraße auch fremde Händler, Handwerker, Soldaten sowie Kolonisten hindurch. Lange Zeit wirkten hier Beamte der Gespanschaftsverwaltung. In der Stadt gab es mehrere Kircheninstitutionen. Mehrere unter ihnen besaßen ziemlich großes Vermögen, sich äußernd auch in den Münzen. Bei Pressburg befand sich eine verhältnismäßig günstige Donauüberquerung. In der Siedlung unter der Burg überkreuzten sich zwei Fernhandelsstraßen; hierorts fanden Märkte statt. Für die Donauüberquerung wurde eine Mautgebühr kassiert, im Grenzgebiet ebenso der Zoll. Daher waren in der Gegend von Pressburg die Münzen im größeren Umfang im Gebrauch als anderswo. Es gibt Meinungen, dass im 11. Jh. in Pressburg eine Münzprägestätte in Betrieb gewesen war, welche Münzen während der Regierungszeit von Stephan I. und Salomon prägte. Im 13. Jh. prägte sie Nachbildungen von österreichischen Pfennigen.
In Pressburg und dessen Gegend wurden wenigstens 200 verschiedene Münzen aus dem Zeitraum vom 11. bis zum ersten Drittel des 13. Jhs. aufgefunden. Sie wurden während unruhiger Zeiten verborgen oder auch in die Gräber als Obolus für die Toten beigegeben. Ein Teil weiterer Münzen dürfte aus diversen Gründen unterwegs, beim Reisen, oder an öffentlichen Märkten verloren gegangen worden sein. Hauptfundstätten damaliger Münzen sind die Burg Theben (Devín), die Pressburger Burg und in der Altstadt der Hauptplatz (Hlavné námestie) und dessen anliegende Straßen. Ebenso die Stadtteile Kaltenbrunn (Dúbravka), Weinern (Vajnory) und Fragendorf (Vrakuňa). Nebst gängigen Zahlungsmitteln der ungarischen Arpaden, die während des 11. und 12. Jhs. geprägt wurden, wurden ebenso fremdländische Münzen aufgefunden. Es handelt sich insbesondere um österreichische, Wiener Pfennige aus dem ausgehenden 12. und dem 13. Jh.. Ebenfalls außergewöhnlich sind mehrere seltene Denare des mährischen Fürsten Otto I. des Schönen (1061–1087) sowie die Münzen des Grafen Otto II. von Zütphen des Reichen († 1113) aus der Grafschaft Zütphen in den heutigen Niederlanden. Selten sind auch zwei aufgefundene byzantinische Bronzemünzen aus der Regierungszeit der Herrscher der Komnenen-Dynastie (1081-1185). Eine Naturbesonderheit ist eine byzantinische Plombe, vielleicht ein Petschaft – entdeckt bei archäologischen Grabungen auf der Pressburger Burg.
Besagte Funde belegen eine außergewöhnliche politische und gesellschaftliche Position der Stadt und deren Gegend im Rahmen des Ungarischen Königtums sowie eine erhöhte Verdichtung von Reichtümern in diesem geographischen Bereich.
VOM SUBURBIUM DES GESPANS BIS ZUR KÖNIGLICHEN STADT. DIE ENTWICKLUNG VON PRESSBURG (BRATISLAVA / PREŠPOROK) NACH DEM 12. JH.
Juraj Šedivý
Jeder der Bände wird ein Brückenkapitel zur nachfolgenden Periode besitzen. So wird bereits im ersten Band auch die Frage der Stadtwerdung von Pressburg (die ohnehin bereits in Kapiteln von Archäologen – besonders von B. Lesák – angeschnitten wurde) skizziert.
Die Urbanisierung des Ortes datieren Forscher unterschiedlich: von der ersten Hälfte des 12. Jhs. (nur ein einziger – Ferdinand Uličný), über die zweite Hälfte des 12. und den Beginn des 13. Jhs. (Vendelín Jankovič, Peter Baxa, Branislav Lesák und andere) bis in die zweite Hälfte des 13. Jhs. (die rechtshistorisch geprägte Forschung). Juraj Šedivý widerlegte die Argumente für eine frühe Datierung der Stadtwerdung: Die angebliche Erwähnung eines Marktplatzes für das Jahr 1151 ist in Wirklichkeit nur ein Beleg für die Existenz einer finanziell gut gestellten Schicht kleinerer Grundherren. Der Transfer des Kollegiatkapitels von der Burg in das Suburbium kann keinesfalls als ein Beleg für die Emanzipation der Burgleute vom Gespan (comes) angesehen werden. Er vertrieb mithilfe des Königs (und mit der Genehmigung des Papstes) die Kanoniker aus der Burg (er war ein handelndes Subjekt, die Kanoniker waren ein Objekt, die suburbani nur Zeugen). Der Transfer des Kollegiatkapitels kann ebenso kein Beleg für die frühe Existenz einer Stadtmauer sein. Die Archäologen datieren den Bau der Steinmauer um die Burg erst auf die Zeit um die Mitte des 13. Jhs. – auf diese Zeit beziehen sich auch die ersten schriftlichen Nachrichten: so haben die Familien Chucar und Moch nach dem Einfall der Mongolen, d. h. nach (!) 1242, einen Wehrturm auf der Burg errichtet. Am Bau der Burgbefestigung mussten sich wahrscheinlich noch die halbfreien Bewohner von Pressburg (ausgenommen die freien Siedler mit hospites-Rechten) beteiligen. Die Errichtung einer Stadtmauer aus Stein wurde wahrscheinlich erst zur sel-ben Zeit begonnen (vielleicht wurde der Bau noch vom unmittelbaren Herrn des Ortes – dem Gespan – angeordnet).
Eine handelnde Bürgergemeinschaft ist erst aus den Quellen der 1270er Jahre ersichtlich. Wenn man – aufgrund des Mangels an heimischen Quellen – einen Blick auf die nicht weit entfernte Stadt Wien wirft, stellt man fest, dass in dortigen Quellen zuerst die Leute „von Wien“ (meistens im Rang der Ministerialen) vorkommen; später sind individuelle oder nur für bestimmte Teilgruppen bestimmte Privilegierungen ersichtlich (wie z.B. für die Münzmeister oder für die Regensburger Kaufleute), und letztendlich bekommen die Bürger als Gemeinschaft ihre kollektiven Rechte. Dieselbe Abfolge kann man auch für Pressburg belegen: Die ersten Leute „von Pressburg“ erscheinen in Urkunden aus der zweiten Hälfte des 12. Jhs. und vor allem aus der ersten Hälfte des 13. Jhs. Es handelt sich um die dem Gespan untergebenen Soldaten (iobagiones, servientes). Im zweiten Drittel des 13. Jhs. werden einige dieser im Suburbium lebenden Bewohner (besser gesagt einige aus ihrer Elite) vor allem für ihre militärischen Dienste privilegiert. Sie wurden persönlich frei und vom Gespan unabhängig; zugleich oder im nächsten Schritt bekamen sie für ihre „treuen Dienste“ einen Grundbesitz. In derselben Zeit tauchen sie als Zeugen in Urkunden auf. Die Tatsachen erlauben uns, diesen Prozess als die Bildung der Schicht der „Ritterbürger“ zu bezeichnen. Dieser Prozess weist ähnliche Merkmale auf wie in Wien, ist lediglich ungefähr eine bis zwei Generationen verspätet und mit anderer Quantität als dort zu bewerten. Aus der Schicht der Ritterbürger und aus den mächtigsten Vertretern der ausländischen, vor allem aus dem niederösterreichischen Raum stammenden Investoren bildete sich in der dritten Etappe die Elite der entstehenden Bürgergemeinde aus. Vor allem jenen war das königliche Privileg von 1291 bestimmt.
Die späte Privilegierung dieser derart wichtigen Grenzstadt (westliche Quellen nennen im 13. Jh. keine der ungarischen Städte so oft wie Pressburg) kann man sich mit Verweis auf die starke Position der Pressburger Gespane erklären. Diese Funktion bekleideten oft die mächtigsten Magnaten des Königreichs (Palatine, Hofrichter, Tavernici usw.). Die ungarischen Könige, die von ihnen in den sich jahrzehntelang hinziehenden Kämpfen gegen Österreich abhängig waren, wollten (und konnten) die Position und das Einkommen ihrer mächtigen Heerführer durch die Städtefreiheiten nicht untergraben. Die Befreiung des Suburbiums erlaubte sich erst der letzte Arpadenkönig, aber auch dies erst nach einer Konfliktsituation mit dem Pressburger Gespan. Somit kann man vereinfacht die Stadtwerdung Pressburgs nicht nur als ein Ergebnis der Einwanderung ausländischer „Gäste“, sondern auch als ein Nebenprodukt des Verfalls eines patrimonialen Staates und vor allem der königlichen ungarischen Gespanschaft (comitatus) ansehen.
AUSGEWÄHLTE KAPITEL AUS DER ÄLTESTEN GESCHICHTE VON PRESSBURG
Die Ortsnamen auf dem Territorium der heutigen Stadt bis zum Ende des 12. Jhs.
Juraj Šedivý
Die ersten Namen im Pressburger Raum findet man auf Münzen der hier ansässigen keltischen Boia. Es handelte sich wahrscheinlich um Eigennamen der keltischen Elite. Nur vereinzelt (z. B. V. Sedlák) wird überlegt, dass die keltische Inschrift BUSU mit dem späteren Ortsnamen Busun / Boson (eine der mittelalterlichen Namensvarianten für Pressburg) zu tun haben könnte. Das erste tatsächlich belegte Toponym bezieht sich erst auf das römische Lager mit gleichnamiger Zivilsiedlung Gerulata (auf dem Gebiet des Stadtteils Karlburg / Bratislava-Rusovce). Da der Name nicht lateinischen Ursprungs ist, könnte er von älteren (wahrscheinlich keltischen) Siedlern übernommen worden sein.
Die nächsten, in schriftlichen Quellen vorkommenden Toponyme aus unserem Raum findet man erst in Quellen des 9. und 10. Jhs., die die Kämpfe des ostfränkischen Reichs mit dem (Groß)mährischen Reich oder mit Ungarn beschreiben. Auf dem Territorium der Mojmir-Dynastie wurden mit Namen nur drei Lokalitäten erwähnt: Nitravva (heute Neutra/Nitra), Dovvina (heute Theben/Devín) und Brezalauspurc (heute Pressburg/Bratislava). Den Namen Dowina verzeichneten die Fuldaer Annalen zum Jahre 864 im Zusammenhang mit dem Feldzug Ludwigs des Deutschen gegen den Slawenfürst Rastislav. Dieser soll sich laut Fuldaer Annalen in der Festung jenes Namens (höchstwahrscheinlich die Burg im heutigen Stadteil Theben / Devín) verschanzt haben. Der Annalist bemühte sich auch, die Ethymologie des Namens mit „id est Puella" (im Volksmund „Mädchen" – slowakisch „deva", „dievča") zu erklären. Eine „Mädchen-Burg" passte ihm wahrscheinlich gut in die Erzählungen über (auch slawische) Amazonen. Der Ursprung des Namens ist wahrscheinlich jedoch anders (Burg bzw. Ort der Göttin?). Die älteste Nennung des Ortes in einheimischen Urkunden geht erst auf das Jahr 1254 zurück, als der Ort ähnlich der jüngeren slowakischen und magyarischen Benennung mit Dewen bezeichnet wurde. Die deutsche Form (Theben, Thebun) kommt erst in Quellen aus der Wende vom 13. zum 14. Jh. vor.
Der Ursprung der Benennung Pressburg bzw. Prešporok
Die Ältesten Salzburger Annalen berichten zum 4. Juli 907 von der „schlimmsten Schlacht bei Pressburg" wobei der Ort dort Brezalauspurc genannt wurde. Der bayrische Chronist ballhornisierte wahrscheinlich den slawischen Namen der Burg, der vom Namen eines nicht näher bekannten Braslavs abgeleitet wurde. Die Slawisten versuchten die „einheimische" Benennung der Festung als Braslav-jь gradь (d. h. Burg von Braslav) zu rekonstruieren. Vom eponymen Braslav weiß man jedoch nichts, einige identifizieren ihn mit dem gleichnamigen Fürst, der Ende des 9. Jhs. seinen Sitz in Sisak hatte, sich an Kämpfen gegen das Großmährische Reich beteiligt und das frühere Chozilsche Pannonnien zeitweise gehalten hat. Nach der Meinung des Slawisten J. Stanislav war aber der „Pressburger" Braslav westslawischen Ursprungs. Im Evangeliar von Cividale fand er nämlich die Notiz pre brassclava (bei Südslaven sollte sie seiner Meinung nach „za Brassclava" lauten). Laut dem Linguisten R. Krajčovič stammt der Name von der älteren Form Bor-slavь ab (abgeleitet von „slávne boriť" / „ruhmreich erobern"). Nicht nur der Inhalt des Namens, sondern auch seine Form (ein Kompositum-Name wie bei Rasti-sclaus/Rasti-slav, Zventi-bald/Sväto-pluk usw.) verrät, dass sein Inhaber zur damaligen gesellschaftlichen Elite gehörte. Der von ihm abgeleitete Name musste noch um die Jahrtausendwende im Gebrauch gewesen sein, wie die Inschrift PRESLAVA CIV(ITAS) auf den Münzen des Königs Stephan I. (1000 – 1038) beweisen.
Die genaue Form des slawischen Eigennamens ist umstritten: laut J. Steinhübel könnte der Magnat auch Preslav geheißen haben. Er argumentiert mit ähnlich klingendem Namen der historischen Hauptstadt Bulgariens (Preslav) und mit dem später in Quellen vorkommenden Namen (comes Preyazlaus). Seine These könnte die in den Altaicher Annalen niedergeschriebene Form Preslavvaspurch unterstützen. Wegen der Alternation der Konsonanten b und p in oberdeutschen Dialekten (z. B. burg /purc) ist jedoch die Frage wahrscheinlich unlösbar. Reflektiert, jedoch nicht akzeptiert wurde die Hypothese von D. Rapant, dass der Heros-eponymos ein Magnat namens Predeslav gewesen sei. Der Name predezlaus steht im Evangeliar von Cividale und Rapant meinte, dass es sich um den bei Konstantinos Porhyrogennitos erwähnten dritten Sohn von Svätopluk handeln könnte. Nur mehr einen Teil der Historiographie bilden die überholten Ansichten von V. Chaloupecký aus der Zwischenkriegszeit, der zusammen mit P. J. Šafárik den Fürsten Břetislav aus der Přemysliden-Dynastie für eine eponyme Person gehalten hat. Jener wurde zwar wirklich in den Quellen im Zusammenhang mit Pressburg erwähnt (er eroberte die Burg 1030), aber der Name ist viel älter (aus dem 9., spätestens aus dem 10. Jh.). Ähnlich fanden auch die Ansichten des Lokalhistorikers Tivadar Ortvay aus der Wende des 19. zum 20. Jh., der sich auf Johannes Thurmair-Aventinus stützte (was den nicht bekannten Vratislav aus der Mojmir-Dynastie angeht), keine Verbreitung; ebenso auch die älteren Bestrebungen zur Ethymologie des römischen Namens Bregetio, oder der slawischen Bezeichnung für eine Furt / brod usw. Die heftigste wissenschaftliche Debatte entflammte um 1920 im Zusammenhang mit der Umbenennung der Stadt (Bratislava), und außer slowakischen und ungarischen Linguisten und Historikern beteiligten sich an ihr auch tschechische und deutsche.
Ursprung der Benennung Poson(ium) bzw. Pozsony
Die zweite Gruppe historischer Namen für Pressburg hatte die lateinische Form Boson, Poson und Posonium zugrundegelegt, die mit der ungarischen Form Pozsony im Zusammenhang steht. Die ältesten naiven Ethymologien der Humanisten leiteten die Benennung vom römischen Eigennamen Piso, weitere vom Neusiedlersee (lacus Pelso) ab. Im 19. Jh. überwog die Meinung von Crescencius Dedek, dass der Inspirator ein unbekannter Poš(a) sein könnte. Der ungarische Slavist Lajos Kiss machte auch auf den Eigennamen Poson (belegt 1138) aufmerksam. Nach weit verbreiteter Meinung der slowakischen Linguisten Ján Stanislav und Rudolf Krajčovič war die Form Poš / Poch eine abgekürzte Form von Pojaslav / Pojislav, sie hielten ihn jedoch nicht für die eponyme Person. Hinter der Benennung sahen sie einen unbekannten slawischen Magnaten Namens Božäň. Laut Ján Stanislav musste es zur Namenbildung bereits um die Mitte des 10. Jhs. gekommen sein. Neuerdings vertritt Rudolf Krajčovič und mit ihm auch Pavol Žigo die Meinung, dass der lateinische Name von Pressburg vom unbekannten Pošenь abgeleitet sei. Alle drei Linguisten vertreten die Hypothese, dass es in der 2. Hälfte des 9. oder in der 1. Hälfte des 10. Jhs. zwei Magnaten gab – einer mit Sitz auf der Burg, der andere hatte einen curtis im heutigen Bratislavaer Stadtteil Poschen (Pošeň).
Die Schwäche der Theorie liegt darin, dass Pošeň von der Burg aus mindestens 5 km per Luftlinie entfernt liegt; in dem Stadtteil gibt es keine relevanten archäologischen Funde aus dem Frühmittelalter und sowohl Pressburg als auch Poson wurden zu derselben Zeit (spätestens ab Anfang des 12. Jhs.) synonym für dieselbe Burg verwendet. Man könnte die Dichotomie mit Verweis auf die Existenz zweier wichtiger Bevölkerungsgruppen erklären. Die Altansässigen (vorwiegend Slawen) könnten im 10. und 11. Jh. weiterhin den alten (von Braslav/Preslav abgeleiteten) Namen benutzt haben, die neuen Siedler – auch um dem Ort eine neue Identität zu geben(?) – benannten die Burg nach einer der Person, die die „Neuankömmlinge" repräsentierte. Hinter dieser neuen Benennung könnte der germanische Eigenname Boso / Poso stecken. Zum Beispiel 837 wird ein Poso als einer der Zeugen einer Besitzübergabe in Tulln erwähnt, ein Kleriker desselben Namens Salzburger Herkunft gründete das bayrische Kloster Gars am Inn und in den Alpen eine kleine Mönchzelle namens Bison-zio (das Suffix ist wahrscheinlich rätoromanischen Ursprungs). Auch im Königreich Ungarn sind Personendesselben Namens nicht unbekannt: in der Zips wurde ein Dorf bestätigterweise nach seinem locator (Voyt, scultetus) als Busunsdorf (Dorf von Boso) benannt. Aventin schrieb, dass im Gefolge der Gemahlin Stephans, Gisela aus Bayern, auch ein gewisser Boso nach Ungarn gekommen sei. Der ungarische Historiker Béla Majláth hielt ihn sogar für den Urahn des adeligen Geschlechts der Posnan (seit Anfang des 13. Jhs. sind ihre Ländereien auch in der Nähe von Pressburg belegt). War Aventins Boso bzw. Poso Stephans erster comes comitatus Posoniensis? Benannten die neuen Siedler (auch die mit ihm aus dem Ausland gekommenen hospites) die Burg nach diesem Gespan (comes)? Auch dabei könnten jedoch die einheimischen Slawen eine gewisse Rolle gespielt haben. Durch ihr Nasalsuffix –enь konnte Bozenь/Pozenь entstehen. Wenn die Hypothese stimmte, wäre die Benennung Poso-n-ium ca. ein Jahrhundert später als Breslava / Preslava / Press-burg entstanden. Die Dualität der Namen (deutsch-slowakische einersets und magyarisch-lateinische andererseits) widerspiegelt wahrscheinlich die Heterogenität der frühmittelalterlichen Besiedlung Pressburgs.
Erst zum Jahr 1189 wird in Quellen ein neues Toponym erwähnt: als Friedrich Barbarossa in der Nähe Pressburgs in seinem Feldlager eine Urkunde datierte, nannte er den Ort Firfelt (deutsch: Vorfeld?). Die Ortslage war wahrscheinlich im heutigen Stadtteil Engerau (Bratislava-Petržalka) und musste nicht unbedingt eine Siedlung sein sondern könnte auch bloß eine Stelle bezeichnet haben. Möglich ist aber auch, dass der Kaiser noch auf dem österreichischen Boden unweit von Pressburg sein Feldlager bauen ließ. Weitere Siedlungen im Pressburger Raum wurden erst 1208 im Zusammenhang mit Grenzbestimmungen des zur Pressburger Burg gehörigen Ortes Pösing / Pezinok (Bozen) genannt. Die Flur grenzte an die Siedlungen Zolose und Mhyr (beide im heutigen Stadteil Weinern / Vajnory).
Verkehrswege, Fernstraßen und Fernkontakte im Umkreis von Pressburg
Zdeněk Farkaš – Eduard Krekovič
Natürliche „Verkehrswege" spielten nicht nur bei der Ausbreitung der menschlichen Spezies eine Rolle, sondern auch bei der Verbreitung von Ideenvorstellungen, Kenntnissen, Zivilisationserrungenschaften oder Handelsgütern. Eine unabdingbare Rolle bei der Bewegung in einem unbekannten Gelände hatten deutliche Orientierungspunkte oder -linien, insbesondere Wasserläufe und deren Täler sowie Geländedominanten zu vertreten, zu welchen zunehmend auch die Beobachtung der Himmelskörperbewegung hinzukam. Im Laufe der Zeit sind dergleichen Hauptverkehrskorridore bzw. -routen entstanden, welche von Menschen seit jeher in Anspruch genommen wurden.
Auf dem Gebiet des heutigen Pressburg (Bratislava) kreuzten sich zwei transeuropäische Ver-kehrskorridore. Der eine verlief längs des Donaulaufs und verband den Südosten Europas mit dessen Westen, dem Abendland. Der andere zog sich von der Adria bis zur Ostsee. Nach einem bedeutenden Handelsartikel, welcher hierdurch in das Römische Reich hineinströmte, wurde dieser Fernhandelsweg später Bernsteinstraße benannt. Dergleichen vor- und frühgeschichtliche wie auch frühmittelalterliche Fernverkehrswege hatten eine abgesteckte Hauptrichtung – eine konkrete Route wählten sich die Reisenden allerdings je nach aktuellen Bedingungen und Geschehnissen aus. Die jeweiligen Routen der „Fernstraßen" trafen vornehmlich an den Punkten zusammen, wo Naturverhältnisse eine breitere Entscheidungsfreiheit und Wahl nicht offen ließen, beispielsweise an Furten oder auf bestpassierbaren Bergrouten etc. In der Gegend von Pressburg waren dies vor allem die Übergänge über die Donau, die March und die Kleinkarpaten.
Mit der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft stehen Austausch von Produkten, Roh- und Werkstoffen gleichwie Arbeitsvorgehensweisen, Gedanken oder Ideen untrennbar voneinander in Verbindung. Durch archäologische Methoden lassen sich insbesondere Werkstoffe fremdländischer Herkunft oder für andere Kulturumfelder charakteristische Erzeugnisse identifizieren. Die Handelsbeziehungen wurden vor der Geld-Erfindung durch Güter- und Warentausch realisiert, doch es gab wohl auch ein System von Ehrenangebinden, mithilfe deren breitere gesellschaftliche Bindungen und Beziehungen unter einzelnen Gemeinschaften gefestigt wurden.
Für die Alt- bis Jungsteinzeit sind gegenseitige Kontakte mit häufig weit entfernten Regionen am besten durch Rohstoffe belegt, welche bei der Herstellung steinerner Spaltindustrie und geschliffener Produkte zur Anwendung kamen. Bereits ab dem Äneolithikum erweist sich jedoch als nötig, ebenso mit einer umfangreichen und komplizierten Distribution von Metallen und Metallerzeugnissen zu rechnen. Für die Bronzezeit ist eine deutliche Verbreiterung des gegenseitigen Austausches und Handels nachgewiesen, und dies anhand des Charakters des weitestverbreiteten Metalls dieser Zeit, das eine Legierung aus Kupfer und Zinn ist. Die beiden Grundelemente kommen gewöhnlich in recht weit voneinander entfernt liegenden Lagerstätten vor, was eine Vorstellung von Fernwegen hervorruft, auf welchen Karawanen mit Rohstoff- wie auch Erzeugnisladungen umherziehen. Ein weiterer und äußerst geschätzter Tauschartikel war der Baltikumbernstein. Die Kontakte unter den einzelnen, oft ziemlich weit weg entfernt liegenden Kulturräumen sind gut auch anhand von Bronzegegenständen nachvollziehbar, die oft sogar für einige der Produktionszentren charakteristisch waren. Eine allmähliche Gesellschafts- und Besitzdifferenzierung, infolge der Entfaltung von Er-zeugnisproduktion, Handel, Militärwesen und wohl auch anderer Ursachen, griff rückwirkend einer weiteren Entfaltung des Tauschhandels unter die Arme: auch bereits für damalige Zeit klare Prestige- bzw. Luxusgüter wurden zu Tauschgegenständen.
In der Latènezeit erschien im Fernhandel unter dem Einfluss der antiken Zivilisation und der aus ihr hervorgehenden Exklusivgüter (Wein, Bronzebehältnisse, Stoffe usw.) ein neues Element – das Münzwesen, namentlich Münze aus Edelmetallen. Für die „Barbaren"-Bevölkerung anziehende Handelsgüter aus dem Gebiet des Römischen Imperiums gelangten auf die Märkte nah der Reichsgrenze, welche in der Gegend von Pressburg auf dem Wasserlauf der Donau verlief, auch nach der Zeitrechnungswende, als die keltische Bevölkerung allmählich durch die hierher vorrückenden Germanenstämme ersetzt wurde. Im Zeitalter der Flavier wurde zuhauf der mit Errichtung von Festungswerken an der Donau angefangen, und gleichfalls mitsamt denselben wurde auch die Donauuferstraße mit aufgebaut – via iuxta amnen Danuvium. Zugleich fing die Donau selbst an, in erhöhtem Maße als Verkehrsader zu dienen – folglich entstand auch eine Donauflotte (classis Flavia Pannonica). Zu dieser Zeit wurden die italischen Erzeugnisse aus den Märkten des römischen Pannoniens allmählich durch die Handelsgüter aus den westlichen Provinzen verdrängt, welche hier mitsamt dem Heer ankamen. Aus Gerulata stammt auch ein interessanter Beleg über den Transport von Oliven aus dem Mittelmeerraum an die Mitteldonau. Aufgefunden wurde eine Amphore mit einer deren superben Inhalt lobenden Inschrift [o]l(iva) / [ni]g(ra) / exd(ulcis) / exc(ellens) / XXV / Tulliorum.
In den Folgezeiten begann sich die Lage zu stabilisieren, zwischen dem Oströmischen und dem Ostfränkischen Reich entstand ein Awarenkhaganat und sodann slawische Machtgebilde. Der Handel und die Händlerbetriebsamkeit erfuhren ein erneutes Aufleben, schließlich gehörte auch der bekannte fränkische Kaufmann Samo zu Organisatoren des Fernhandels mit den Slawen. Allerdings ist es schwer zu bestimmen, welche Gegenstände vermöge des Handels und welche als Beute, Angebinde u. dgl. in das Gebiet der Westslowakei gelangten. Anzunehmen ist, dass auch noch in diesen Zeiten die alten Römerstraßen (obwohl nicht instand gehalten) zum Teil in Nutzung gewesen sein könnten. Vermutlich auf dem Südteil der Bernsteinstraße wanderten gleichfalls Konstantin und Methodius nach Rom. Im Mittelalter begann sich die Lage in Bezug auf neue politische Grenzen, und im Besonderen in Ansehung der neuen Wirtschaftszentren – der mittelalterlichen Städte –, zu wandeln.
Der Umkreis von Pressburg als strategische Region der Befestigungswerke
Zdeněk Farkaš
Der weitere Umkreis von Pressburg inklusive dem Durchbruch der Donau zwischen den Hundsheimer Bergen und den Kleinkarpaten, denen sich direkt das im Großteil des Jahres schwer begehbare donauländische Binnendelta anschließt, besaß in Ansehung der sich hierorts überkreuzenden Fernverkehrswege strategische Bedeutung; im Mittelalter wurde diese Donaustelle Porta Hungarica genannt. Spätestens seit dem 13. Jh. wurde diese Gegend durch ein System von Steinburg-Anlagen geschützt. Von denselben befanden sich Theben (Devín), Ballenstein (Pajštún), Drachenburg (Dračí hrádok), Burg Weißer Stein (Biely Kameň), Lanschütz (Bernolákovo, vormals Čeklís), Eberhardt (Malinovo) und die Ortslage Bergl in Karlburg (Rusovce, ungarisch Oroszvár) im Umkreis von 20 km von dem zentralen Befestigungswerk, das auf der ungarischen Seite die Pressburger Burg war. Den Übergang durch das Flutbett im heutigen Ungarn überwachte Burg Wieselburg-Ungarisch Altenburg (Mosonmagyaróvár), von Pressburg etwa 30 km entfernt. Eine gesonderte Festung war, direkt an der Pressburger Furt, der Wasserturm am Schlossgrund. Auf der österreichischen Seite nahe von Hainburg stand eine gleichnamige Burg auf einem Kegelberg über der Stadt und eine weitere Burg, Burg Röthelstein (auch Rottenstein), überwachte direkt gegenüber Theben (Devín) den Schiffsverkehr auf der Donau. Von der heutigen Burgruine der Pottenburg aus, die österreichischen Archäologen zufolge womöglich bereits im 10. Jh. erbaut wurde, war es möglich, die einstige ungarisch-österreichische Grenze unter Kontrolle zu haben. Als eigenständige festungsbauliche Komplexwerke gab es in diesem Zeitalter die Städte (Pressburg / Bratislava, Hainburg, seit 1268 gleichfalls Marchegg).
Nebst den erhalten gebliebenen Burgruinen allerdings befindet sich heutzutage im Pressburger Umfeld eine Reihe von gegenwärtig schon nahezu abgetragenen Befestigungswerken, von denen im Gelände lediglich Spuren übriggeblieben sind oder auf deren Dasein nur noch die Ortsnamen hindeuten. Von Defensivcharakter waren wahrscheinlich bereits die Ansiedlungen auf den dominanten oder strategischen Anhöhen aus dem Zeitraum der Lengyel-Kultur (Ortslage „Kaštieľ" in Theben-Neudorf – Devínska Nová Ves, sowie mehrere Standorte am Thebener Kogel). Spätestens seit dem Anfang des Mitteläneolithikums kann auch in der Pressburger Pforte mit der Entstehung tatsächlicher Burgstätten gerechnet werden. Vielleicht gerade im Zeitraum der Boleráz-Gruppe der Badener Kultur (genannt nach der westslowakischen Gemeinde Boleráz – Frauendorf) konnten erstmals die strategischen Orte von Theben (Devín) und der Burg Pressburg (Bratislava) eingefriedet worden sein. In der Jung- bis Spätbronzezeit wurden Befestigungswerke in der Ortslage „Barania lúka" oberhalb von Marienthal (Marianka), beim Brunnen am Thebener Kogel (seitens von Kaltenbrunn – Dúbravka), Ortslage „Útočnica" in Thebener-Neudorf (Devínska Nová Ves) und auf dem Burgfelsen in Theben (Devín) erbaut. Vielleicht in dieselbe Zeit können auch Befestigungen in den Ortslagen „Hrubý breh" in Kaltenbrunn (Dúbravka) und „Suchý vrch" über dem Mühltal (Mlynská dolina) datiert werden.
Die Bedeutung der Pressburger Pforte begriffen auch römische Strategen, die die Verteidigung der ganzen Region an das Legionenkastell in Carnuntum (heute Petronell und Bad Deutsch-Altenburg) und an das Hilfstruppenkastell in Gerulata (Karlburg – Rusovce) und Ad Flexum (Magyaróvár – Deutsch-Altenburg, heute die Teilstadt von Mosonmagyaróvár) anlehnen, wobei durch das System der Vorposten auf dem Linksufer das wichtige Brückenkopfgebiet abgesichert wurde.
Die bisherige archäologische Grabung erfasste hauptsächlich im Westteil von Pressburg eine Reihe befestigter Standorte, mit einem mehr oder weniger erhalten gebliebenen Befestigungssystem. Die Mehrheit davon wurde jedoch bislang nur teilweise untersucht. Den gegenwärtigen Kenntnissen zufolge schützen die meisten davon verschiedene Teile der Pressburger Pforte im 9. Jh., während des Bestehens des Großmährischen Reiches (Pressburger Burg, Theben – Devín, Burgstätten in den Ortslagen „Nad lomom", „Na pieskoch" und „Na kastieli" in Thebener-Neudorf – Devínska Nová Ves). Während des Hochmittelalters, allerdings wohl nur kurze Zeit, bestand eine Holz-Erde-Burgstätte in der Ortslage „Polianky", in deren Nähe auch eine heutzutage schon geschleifte St. Margitkirche stand.
Wie im Thebener Teil der Kleinkarpaten (Thebener Karpaten), so auch auf der österreichischen Seite der Donau entstanden in den Hundsheimer Bergen mehrere vorgeschichtliche Festungswerke. Zu den bekanntesten gehört Braunsberg oberhalb von Hainburg; eine weitere, heute bereits zerfallenes Befestigungswerk befand sich auf einem Bühel über der Donau bei Bad Deutsch-Altenburg in der Ortslage „Am Stein". Den Begleitfunden nach entstand sie während der Jung- bis Spätbronzezeit und gehörte dem Umfeld der mitteldonauländischen Urnenfelderkultur an.
Manche der Befestigungswerke, welche in Pressburg und dessen Umkreis im Laufe von etwa 6000 Jahren entstanden sind, ab dem Äneolithikum bis zum Ende des 13. Jhs., wurden nur durch ihre Lage geschützt, andere vermöge einer einfachen Palisade, weitere mittels eines kombinierten Systems von Holz-Erde-Ringmauern mit einer Holzbrustwehr. Vor Holz-Erde-Ringmauern wurde zumindest auf den zugänglichsten Stellen häufig ein einfacher, doch manchmal auch mehrfacher Vorgraben ausgehöhlt. Derlei kombinierte Festungswerke ermöglichten für ihre Zeit bereits eine ziemlich aktive Verteidigung. Das Aussehen, aber auch die Bedeutung der jeweiligen Festungswerke wandelte sich allerdings im Laufe der Zeit. Manche davon gehörten zu umfriedeten Elitensitzen, an welchen sich ebenso Handwerkproduktion konzentrierte; organisiert wurden daorts Tauschmärkte und gemeinschaftliche Veranstaltungen von breiterer regionaler bis überregionaler Bedeutung, insbesondere in der Latènezeit und im Frühmittelalter. Andere Bauten, ohne Besiedlungsbelege, können zu Refugien, Zufluchtsorten, gehört haben, d.h. zu Befestigungen, in welche sich die Bewohnerschaft aus dem Umfeld nur in der Zeit einer Bedrohung zurückgezogen hatte. Ein Teil davon kann jedoch auch andere Bedeutung gehabt haben: Sie können z. B. ein Kultusmittelpunkt gewesen sein oder eine Symbolfunktion innegehabt haben. Insbesondere ab der Frühbronzezeit kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Anhöhen- und eingefriedete Standorte eine gewisse sinnvolle Struktur ausgebildet haben, welche ermöglicht haben könnten, ein bestimmtes Gebiet unter Kontrolle oder Schutz zu stellen. In der Latènezeit, ähnlich wie später im Frühmittelalter, bildete die Pressburger Pforte schon ein bedeutendes Macht-, strategisch-militärisches sowie Wirtschaftszentrum aus, mit durchdachter Verteidigung, welche sich auf mehrere, vermutlich aufeinander und miteinander wirkende Zentren gründete, die gemeinsam ein System einiger, selbstständig verteidigbarer Festungen aufstellten.
Von Kate zu Steinbau.
Wohnkultur im Pressburger Umkreis
Peter Šalkovský
Konkrete Formen ältester – paläolithischer und mesolithischer – Wohnstätten aus den Siedlungen in der Gegend des heutigen Kaltenbrunn (Dúbravka) und Karlsdorf (Karlova Ves) sind uns unbekannt. Anzunehmen sind einfachste Formen von Wohnstätten – Überdachungen mit Schirmwänden, gebaut hauptsächlichan Felsenüberhängen und großen Bäumen, sowie etwas fortgeschrittenere Hütten mit eingesenktem Fußboden, aus Skeletten großer Knochen, Mammutstoßzähnen oder aus mit Leder bezogenen Ästen.
Wohnbehausungen im heutigen Sinne des Wortes sind erst seit dem Neolithikum nachgewiesen, als auch Mehrgenerationensiedlungen in Entstehung begriffen waren. Trägerder Linearbandkeramikkultur und der Želiezovce-Gruppe bauten vornehmlich rechtwinklige, mehrräumige Langhäuser mit Pfahlkonstruktion, wovon es gelang, zwei an der Mündung der Weidritz in die Donau und in der Nähe von „Zlaté piesky" (Erholungsgebiet „Goldene Sande" am Stadtostrand) teilweise freizulegen. Obwohl in der Lengyel-Kultur zu Ende des Neolithikums noch Behausungen vom Hallentypus überwogen, führte die Zunahme der Bedeutung von Paarfamilien zu Trends, aufgrund deren die Langhäuser durch kleinere und mehr oder weniger eingesenkte, zwei- oder dreiräumige Pfahlhäuser ersetzt wurden.
Die Technik oberirdischer Blockbauten begann sich neben traditionellen Pfahlbehausungen erst seit dem Ende der Frühbronzezeit mehr und mehr durchzusetzen, als es zugleich zu einer deutlicheren Sozialdifferenzierung in der Gesellschaft kam. Die Gegend von Pressburg war jedoch von Trägern der Aunjetitzer- und der Maďarovce-Kultur besiedelt, welche Behausungen mit Pfahlkonstruktion und Satteldach mittelgroßer bis großer Dimensionen, Flechtwerkwände und Fußböden mit Tonanstrich, vereinzelt auch mit Innengliederung, bevorzugten.
Ein charakteristischer Behausungstypus des großteils der Bevölkerung in der Hallstattzeit waren bis zu 1,5m tiefe Erdhütten von rechtwinkligem Grundriss mit der Fläche von etwa 12-15 qm, mit Erdbänken an den Längswandseiten und Feuerstellen. Dergleichen wurden am Hang des Thebener Burgfelsens, auf Tieflandsiedlungen auf dem heutigen Hauptplatz (Hlavné námestie) in der Altstadt, in Weinern (Vajnory), in Iwanka an der Donau (Ivanka pri Dunaji) und in der Nähe von „Zlaté piesky" (Erholungsgebiet „Goldene Sande") freigelegt. Auf den Burgstätten der hochentwickelten Kalenderberger Gruppe der Osthallstattkultur auf dem Thebener und Pressburger Burgfelsen können nebst solchen Erdhütten aber auch oberirdische Häuser auf Steinunterbau mit Blockhaus- oder Flechtwandkonstruktion, möglicherweise sogar auch mehrräumige zentrale Steinbauten, vermutet werden.
Der Grundtypus des Tieflandhauses in der Latènezeit, als die Gebiete in der Stadtgegend von Kelten-stämmen eingenommen wurden, war: leicht eingesenkte Bauten von rechteckigem Grundriss der Fläche von 13-20qm und Satteldachstützen mittig der Kurzseiten. Ihre Wände bestanden aus Pfählern und Holzstäben, durchflochten mit Gerten und abgedichtet mit Ton. Solcherlei Häuser sind z. B. aus Kaltenbrunn (Dúbravka), Theben (Devín), von der Ostterrasse der Burg sowie aus dem Altstadtkern bekannt. Auf den Höhensiedlungen wurden ebenso Ein- bis Zweiraum-Blockhausbauten errichtet (am Hang des Burgbergs in Theben – Devín), manchmal auch mit einem trocken gesetzten Steinunterbau, abgesondert per Trennwand in Wirtschafts- und Wohnteil. Die Fürstenfamilie der Kelten ließ sich allerdings auf der Burganhöhe nach römischen Vorlagen oder direkt von römischen Bauherren einen außergewöhnlichen Wohn- und Repräsentationsbaukomplex des römischen Domus-Typus erbauen.
Die römische Wohnkultur wird bisher am prägnantesten durch das Grenzmilitärlager (Castellum) mit einem Dorf (Vicus) Gerulata im heutigen Karlburg (Rusovce) repräsentiert. Der prunkvollste Teil der Bebauung des Außenbereichs des Kastells mit gemauerten Bauten der vermögendsten Zivilbewohnerschaft besaß eine Straßenbebauung mit gemauerten Gebäuden auf Steinfundamenten: darunter ein technisch hochentwickeltes Steinbauwerk mit einer geschlossenen Fußbodenheizung – einem Hypocaustum (Warmluftheizung) – und Räumlichkeiten mit Mörtel-Schutt-Fußböden. Aus Theben (Devín) sind Spuren von Einraumhäusern auf Steinunterbau bekannt, sowohl mit Stützen- wie auch mit Blockhauskonstruktion von Wänden, mit Mörtelfußböden und Steinkaminöfen, welche gleichsam eine Kombination römisch-provinzialer und barbarischen Bautechnik sind: daher können ihre Erbauer ebenso wie ihre Bewohner in diesem Zeitraum an der Grenze sesshaft gewordene Gruppen germanischer Föderaten gewesen sein. Der Vierraumbau mit Apsis vom Typus einer Villa könnte für die örtliche germanische Nobilität erbaut worden sein.
Ein Beispiel eines Auftragsbaus – sogenannte „Bauten auf Bestellung" – im germanischen Milieu aus der Römerzeit repräsentiert das Bauwerk einer römischen Therme, projektiert offenbar als Bestandteil eines schließlich unvollendeten Landgutes, genannt Villa rustica, dessen Überreste zwischen Kaltenbrunn (Dúbravka) und Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves) sowie in Sarndorf (Čunovo) entdeckt wurden. Es liegt dort nahe, dass es von römischen Handwerkern gewisser befreundeter Quadenfürsten oder römischen Veteranen germanischer Abkunft erbaut wurde. Ansonsten machten die Germanenstämme gemeiniglich von ihren eigenen traditionellen Behausungstypen Gebrauch. Von den Siedlungen der Quaden – Sueben auf dem heutigen slowakischen Gebiet sind bisher lediglich Erdhütten mit Rechtecksgrundriss in der Größe von etwa 12qm bekannt, wie sie beispielsweise in Dornkappel (Trnávka) oder rings um die oben gelegene Therme in Kaltenbrunn (Dúbravka) gefunden worden sind.
Am Ausklang der Römerzeit und im Zeitalter der Völkerwanderung gingen alle Römerfestungen, Landgüter sowie Handwerkerzentren zugrunde und nach dem teilweisen Abzug der Sueben, Vandalen, Langobarden und weiteren Teilen des Konglomerats der Hunnen begannen hierher, aus den Gebieten östlich der Karpaten, die ersten Slawen mit einer gleichsam einfachen Baukultur vorzurücken. Sie lebten in teilweise eingesenkten Häusern – den Erdhütten mit Quadratgrundriss, mit einer Fläche am meistens 9-16qm, 50-100cm unter das Geländeniveau eingetieft, mit Feuerstelle bzw. Steinofen in einer der Ecken. Die Wände besaßen meistens eine Blockhauskonstruktion oder eine mit Latten gezimmerte bzw. mit Flechtwerk ausgefüllte Pfahlkonstruktion mit Eck- und Wandpfählen, oben wurden sie mit Zweigefälledach bedeckt. Die ältesten slawischen Siedlungen sind an den Ruinen einstiger Römerbauten entstanden: bei der vormaligen römischen Villa und einer Germanensiedlung in Kaltenbrunn (Dúbravka) oder in der Ortslage Bergl in Karlburg (Rusovce). Erste größere Blockhausbauten wurden erst in den großmährischen Zentren gebaut, so beispielsweise in der Vorburg der großmährischen Burgstätte Theben (Devín) und auf dem Pressburger Burgberg, wo ebenso Blockhäuser auf tongebundenem Steinunterbau und mit Tonfußboden sowie ein kleinerer, vermutlich innen-verputzter Zweiraumpalast untersucht wurde. Wahrscheinlich durch fremdländische Vorbilder wurde auch ein Bau eines nahezu 12 m langen Blockhausgebäudes auf tönernem Isolationsunterbau in Furchen inspiriert, dessen Grundriss jüngst im Schlossgrund in der Ortslage Weidritz (Vydrica) entdeckt wurde.
Aus den zuletzt erwähnten Typen der oberirdischen Ein- bis Zweiraumbauten auf Steinunterbau entwickelten sich vermutlich binnen dem 10. bis 13. Jh. die ersten gemauerten Zweiraumhäuser, die in der Altstadt noch vor der ständigen Entwicklung des heutigen Straßennetzwerks und der Entstehung des späteren mittelalterlichen Hauptplatzes (Hlavné námestie) entstanden. Seit dem 13. Jh. kam beim Erbauen von Häusern neben Holz in immer größerem Maße der Stein zur Geltung und der Dreiraumhaustypus gewann die Oberhand, der sich ohne größere Änderungen bis zur Neuzeit behauptete.
Religionsvorstellungen und der Begräbnisritus
Pavol Jelínek
Aus dem Paläolithikum und Mesolithikum sind praktisch keine Funde belegt, die die Mannigfaltigkeit des Geisteslebens im breiteren Umfeld von Pressburg belegt hätten. Aus dem Neolithikum sind erste Gräber bekannt (Schattein / Čataj, Mühltal / Mlynská dolina in Pressburg, Theben / Devín), wie auch Belege für mobile Kunst (oder Kultus?) – neolithische figürliche Plastiken namens „Venus": Venusfiguren (Theben-Neudorf / Devínska Nová Ves, Mühltal / Mlynská dolina, Bisternitz / Záhorská Bystrica). Aus dem Zeitraum des Äneolithikums gibt es in Pressburg weniger Nachweise: Aus der möglicherweise Badener Kultur könnte ein Objekt mit einem deponierten Stierschädel von Kultusbedeutung gewesen sein. Die Sepulkralkultur wird durch zwei Brandgräber der Ludanice-Gruppe in der Ortslage „Veľká Lúka" in Kaltenbrunn (Dúbravka) belegt.
Die Funde aus der Bronzezeit werden von Grabganzheiten aus Karlburg (Rusovce) und Bischdorf (Po-dunajské Biskupice) – die Wieselburger Kulturgruppe – sowie Urnengräber aus der Mittelbronzezeit aus Theben (Devín) repräsentiert. Weitere Gruben mit menschlichen Schädeln stammen aus dem Mühltal (Mlynská dolina). Typisch für die Bronzezeit ist das Beilegen von Gegenständen in das Grab. Die Depots von Keramik aus Karlburg (Rusovce), Bahon (Báhoň), Losorn (Lozorno) und Sachern (Zohor) stellen vermutlich einen „sakralen Abfall" nach rituellen Aktivitäten dar. Interessant ist ein Fund einer Maske, hergestellt aus dem Gesichtsteil eines Menschenschädels aus Theben (Devín). Aus der Früheisenzeit ist eine Menge von Belegen der Kultuspraktiken bekannt, welche sich in den damaligen Machtzentren (Theben – Devín), jedoch auch in umliegenden Tieflandsiedlungen (Iwanka an der Donau – Ivanka pri Dunaji, Kroatisch-Eisgrub – Chorvátsky Grob) abspielte. Ein typischer Kultusgegenstand ist das keramische Mondidol. Ein bezeichnendes Phänomen dieses Zeitraums ist die Beisetzung der damaligen Eliten mithilfe komplizierter Bestattungszeremonien mit Verbrennung in Urnengräbern. Der Verlauf dieser Zeremonien möge wohl denjenigen ähneln, welche das Homer-Epos Ilias schildert.
In der Späteisenzeit siedelten auf dem Gebiet von Pressburg keltische Boier. Ihr komplexes Geistesleben wird hauptsächlich durch die Abbildungen auf den Münzen repräsentiert (z. B. Sonnenscheiben, Ähren, Reiter auf Pferden, mythologische Tiere), wo mythologische Erscheinungen und Symbole vorkommen. Ihre Bedeutungen werden zum Teil anhand der keltische Religion beschreibenden Berichte antiker Autoren erschlossen. Aus dem letzten Jh. v. Ch.fehlen jedoch die Keltengräber im Befund. Die an mehreren Standorten in Pressburg vorgefundenen Skelette aus dieser Zeit werden im Allgemeinen mit dem Untergangshorizont des Pressburger Oppidums in Bezug gesetzt, und es handelt sich viel mehr um Katastrophenopfer. Anstatt direkter Nachweise ist in der Westslowakei eine andere, kostbar-materiale Äußerung der Jenseitsvorstellungen der Kelten gefunden worden – eine Darstellung auf einem Münzstück mit der Inschrift MACCIVS, wo das Abbild eines Wolfes zu sehen ist, welchem aus dem Maul Menschenbeine herausragen. Die Erscheinung wird als das Abbild eines Wächters des Schattenreichs, der Unterwelt gedeutet, eines mythischen Seelenfressers.
In der Römerzeit zog sich durch das breitere Umfeld von Pressburg die Grenze zwischen dem Römischen Imperium und den barbarischen Germanen. Die Hauptquelle für die Informationen über die Religionsvorstellungen der Vertreter verschiedener Kulturen sind deren Bestattungsfelder. Ein Nachweis für ein Menschenopfer ist der Fund eines Frauenleichnams aus einem Siedlungsobjekt in Bruck an der Donau (Most pri Bratislave). Belege für den Zivilaufenthalt der Römer auf dem Gebiet von Pressburg sind dank der Ansiedlung im antiken Gerulata in Karlburg (Rusovce) vorhanden. Unter den Funden finden sich kleine Artefakte mit Religionsmotiven und -inschriften, sekundär verwendete Bruchstücke öffentlicher Altäre oder Grabmäler. Sie stellen nicht nur Belege für den offiziellen Staatskultus dar, sondern liefern auch Nachweise von Religionsvorstellungen privater Personen. Unter den Funden aus Gerulata finden sich auch solcherlei Gegenstände, welche mit dem vorrückenden Christentum in Bezug gestanden haben dürften. Im Bereich von Gerulata wurden drei Begräbnisfelder sowie Stellen mit weiteren vereinzelten Gräbern freigelegt, wo meistenteils durch Skelettbestattung beigesetzt wurde.
In der Abschlussphase der Völkerwanderungszeit tauchten im Karpatenbecken die Awaren auf. In Pressburg und dessen Umgebung gibt es einige Bestattungsfelder, von denen das bedeutsamste in Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves) freigelegt wurde (untersucht wurden mehr als 800 Gräber). Der ursprüngliche Beisetzungsritus der in Kürze dort ankommenden Slawen war die Brandbestattung. In Pressburg und dessen Umgebung gibt es slawische Bestattungsfelder (in der Ortslage „Veľká Lúka", sowie in Theben – Devín und in Theben-Neudorf – Devínska Nová Ves), wo die Möglichkeit besteht, den Vorgang des Übergangs vom Brand- zum Skelettritus nachzuverfolgen: In den nächsten Jahrhunderten – hauptsächlich unter dem Einfluss der Awaren und dann des Christentums – sind sie zum Skelettbestatten übergewechselt. Den schriftlichen Quellen der Slawen zufolge haben sie ihre Gottheiten unter freiem Himmel verehrt. Eine Ausnahme dürfte ein Fund einer Heiligtumsstätte (?) aus Bruck an der Donau (Most pri Bratislave) sein. Spätestens seit dem Anfang des 9. Jhs. breitete sich das Christentum unter den oberdonauländischen Slawen aus. Aus den schriftlichen Quellen ist bekannt, dass die neue Religion ein Gegenstand politischer Schritte slawischer, politischer Elite war. In der materiellen Kultur belegen Bestattungsfelder in der Nähe der ersten Kirchenbauten in den großmährischen Machtzentren (Fundamente eines Basilikabaues auf den Burgen von Pressburg / Bratislava und Theben / Devín) die Christianisierung. Ein Beleg für die Überdauerung heidnischer Elemente sind in den Nähen von Be-hausungen im Pressburger Schlossgrund eingegrabene Kinderskelette. Gewisse neue Geisteslebensäußerungen können in den archäologischen Funden erkannt werden, welche den Altmagyaren zugeschrieben werden (ein Grabfund in Bruck an der Donau / Most pri Bratislave). Die Mannigfaltigkeit der Nachweise vom Geistesleben, ihre Qualität und Quantität, wird beständig anhand von Geländeerforschungen sowie durch ein theoretisches Studium analogischer Kulturen präzisiert.
Spuren vorzeitlicher Menschengeschicke.
Anthropologische Funde aus der Pressburger Gegend aus dem Zeitraum vor dem 12. Jh.
Alena Šefčáková
Die vermutlich ältesten bislang entdeckten Menschenskelettüberreste aus dem Gebiet des heutigen Pressburg, datiert in das letzte Drittel des 6. Jahrtausends v. Ch., gehörten den Trägern der früheren Linearbandkeramikkultur. Sie wurden im Unterteil des Mühltals (Mlynská dolina) auf dem rechten Bachufer der Weidritz (Vydrica) entdeckt und gehörten einem 2 bis 4 Jahre alten Kind. Auf der Siedlungsstätte aus dem Zeitraum der späteren Linearbandkeramikkultur und der Želiezovce-Gruppe, wiederum im Mühltal (Mlynská dolina) gab es einen weiteren, lediglich um wenig jüngeren Fund eines mit einer Steinunterlage überdeckten Hockerskeletts eines 6 bis 12 Monate alten Kindes. Zu diesen Funden können vielleicht auch acht Gräber aus dem unteren Burghofplatz zugeordnet werden, von denen einer anhand des beigelegten Gefäßes in den Zeitraum der späteren Linearbandkeramik datiert, ein anderer der Mitteldonauhügelgräberkultur zugeordnet wurde. Das Skelett eines 4 bis 6 Jahre alten Kindes wurde ebenfalls auf einer Siedlungsstätte späterer Linearbandkeramikkultur und der Želiezovce-Gruppe in der Ortslage „Silničné" im Ortsteil Trnávka (Dornkappel) im Stadtteil Rosenheim (Ružinov) von Pressburg gefunden.
Wichtige Kenntnisse über die Gesellschaft aus der Endphase der äneolithischen Lengyel-Kultur brachte eine umfangreiche Freilegung in Kaltenbrunn (Dúbravka) hervor. Aus Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves) stammt wiederum ein Teil des Bestattungsfeldes der Leithaprodersdorf-Gruppe (Leitha-Gruppe) aus der Frühbronzezeit (bzw. aus dem ausgehenden Endneolithikums), und drei Hockerskelettgräber – aus der sog. Wieselburger-Kultur(gruppe) – wurden in Karlburg (Rusovce) entdeckt, wo das Bestehen zweier Bestattungsfelder angenommen wird. Menschliche Gebeine wurden ebenso bei Erforschungen von Siedlungsobjekten der Mitteldonauhügelgräberkultur (Mittelbronzezeit) in Mühltal (Mlynská dolina) aufgefunden. Einzelne Gräber aus der Bronzezeit wurden auch in Bischdorf (Podunajské Biskupice) und auf der Burgstätte Theben (Devín) gefunden.
Von dramatischen Ereignissen auf dem Gebiet von Pressburg im Spätlatèn legen Skelette von drei erwachsenen Individuen und ein Schädel eines vierten aus der Herrengasse (Panská ulica) 19-21 Zeugnis ab: postum hingeworfen, ohne Anzeichen von Verletzungen, auf einer verbrannten Zimmerung einer Lagergrube; ebenso die Funde von Überresten von Kindern in der Sattlergasse (Sedlárska ulica) 3 und auf dem Hauptplatz (Hlavné námestie) 7. Auch auf dem Hauptplatz (Hlavné námestie) 8, im Kellergeschoss des Statthalterpalais, gab es in einem der spätlatènezeitlichen Siedlungsobjekte ein wohl postum hingeworfenes Skelett eines erwachsenen Individuums; hierorts wurden ebenfalls noch Gebeine zweier Kinder gefunden. Im Zusammenhang mit dem sog. Katastrophenhorizont nach dem Jahr 50 v. Ch. muss die Fundstätte in Weidritz (Vydrica) erwähnt werden, wo auf dem Terrassengelände am Südhang des Burgfelsens auf einer verbrannten Konstruktion eines oberirdischen Objekts Überreste von mehr als zehn Menschen (einschließlich Kinder) und zwei Tieren lagen, zu denen auch weitere zumindest vier sorglos hingeworfene latènezeitliche Menschenskelette aus den späteren Grabungen zugerechnet werden könnten.
Das Leben in der Römerzeit wird dokumentiert durch reichliche Funde, vornehmlich aus Karlburg (Rusovce). Vom Ende des 1. bis zum Ende des 4. Jhs. n. Ch. befand sich dort das Militärlager Gerulata, ein paar kleinere Siedlungen und einige Bestattungsfelder. 1965-1971 konzentrierten sich hiesige Grabungen auf Bestattungsfeldern an den Standorten bzw. in den Ortslagen „Základná škola I" (Grundschule), „Nad pieskovňou" bzw. „Pri cintoríne II" (Am Friedhof) und „Parcela JRD III" (Gelände der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft). Im Bereich von Pressburg können für die ältesten Germanengräber zwei Brandurnengräber aus Theben (Devín) und die Urnengräber aus Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves) gehalten werden. Unklar ist die Kulturzugehörigkeit der Gruppe vermuteter Brandgräber aus der Frührömerzeit aus Dornkappel (Trnávka). Ein vereinzeltes Brandgrab, etwa aus dem Ende des 3. Jhs., wurde in der Ortslage „Poľný mlyn" (Feldmühle) im Nordwesten der Gemarkung von Bisternitz (Záhorská Bystrica) gefunden. Die germanische Besiedlung in der Spätrömerzeit wird durch ein Torso eines Brandurnengräberfeldes aus dem 3.-4. Jh. in der Schanzstraße (Šancová ulica) dokumentiert.
Bei der Untersuchung der Burg Theben (Devín) gelang es, in der Tiefe von 250 cm ein in das 5. Jh. datiertes Doppelgrab zu entdecken. In diesem Doppelgrab aus der Völkerwanderungszeit wurden zwei beschädigte Skelette junger, einem mongoliden Ethnikum angehörender Männer aufgefunden, welche Seite an Seite mit einander zugewandten Gesichtern lagen. Vereinzelte Gräber aus der Völkerwanderungszeit gab es in der Lorenzertorgasse (Laurinská ulica) und im Stadtteil Weinern (Vajnory) in der Ortslage „Prepoštské". Ein bedeutendes Langobarden-Bestattungsfeld aus dem 5.-6. Jh. im Umfang von 163 Gräbern, eines der größten in Mitteleuropa, wurde in Karlburg (Rusovce) in der Ortslage „Pieskový hon" entdeckt. Das Sterbeprofil von Karlburg (Rusovce) deutet auf ein gewisses dramatisches Vorkommnis (vielleicht eine Epidemie?) hin, im Laufe dessen viele hauptsächlich weniger kräftige Individuen starben. Weitere dergleichen datierte Gräber wurden nahe dem Eisenbahnhaltepunkt Thebensee (Devínske Jazero) und in der Ortslage „Ďalšie Topolité" gefunden.
Ein frühslawisches Brandgräberfeld wurde im Stadtteil Kaltenbrunn (Dúbravka) in der Ortslage „Veľká Lúka" entdeckt. In Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves) legte 1926-1933 Jan Eisner ein umfangreiches slawisch-awarisches Bestattungsfeld mit 875 Gräbern frei. In diesem Zusammenhang sind auch das Gräberfeld aus Bisternitz (Záhorská Bystrica) in der Ortslage „Lokvy" – mit 262 Gräbern –, ein Grab aus Theben (Devín) und um Einiges jüngere Funde aus Weinern (Vajnory) sowie aus Sarndorf (Čunovo) – 151 Gräber – zu erwähnen. In das ausgehende 8. und das frühe 9. Jh. wurde das Gräberfeld, freigelegt an der Stelle des heutigen Hypermarkts TESCO am Erholungsgebiet „Zlaté piesky" („Goldene Sände"), datiert (41 stark beschädigte Skelettüberreste). In Karlsdorf (Karlova Ves), im Bereich des Botanischen Gartens am Bach Weidritz (Vydrica), legte 1954 Ľudmila Kraskovská 15 Gräber eines Bestattungsfeldes aus dem 9. Jh. frei.
Besonders in den Jahren 1989-1998 gelang es dank der umfassenden Bauaktivität im historischen Zentrum von Pressburg, mehrere Grabganzheiten zutage zu bringen, welche anthropologische Analysen von Gebeinen von Individuen aus dem Zeitraum von der zweiten Hälfte des 9. bis zur ersten Hälfte des 10. Jhs. ermöglicht haben. Es handelt sich insbesondere um die Gruppe der Gräber aus der Lorenzertorgasse (Laurinská ulica) 4, Franziskanerplatz (Františkánske námestie), Herrengasse (Panská ulica) 9, 16, 19-21 und 27, Venturgasse (Ventúrska ulica) 3-5, Strakagasse (Strakova ulica) und aus dem vormaligen Franziskanergarten in der Ursulinengasse (Uršulínska ulica). Hierher gehören gleichfalls Skelettfunde aus früheren Zeiten aus dem Bereich des Primatialplatzes (Primaciálne námestie, vormals Batthyányplatz) 2 und aus der Lorenzertorgasse (Laurinská ulica) 5-8, welche jedoch nicht erhalten geblieben sind. Im Laufe der weiteren, letzten Jahre erhöhte sich die Anzahl der datierten Grabganzheiten noch ein wenig.
Ein Bestattungsfeld im Umfang von 229 Gräbern aus dem 9.-12. Jh. wurde in den Jahren 1958-1959 und 1965-1966 auf dem Pressburger Burgareal entdeckt. Bei der archäologischen Grabung im Freibereich nordwärts von der heutigen St. Nikolauskirche wurde ein Sakralbau, zutage gebracht, gedeutet als die St.-Nikolaus-Rotunde aus dem 11. Jh.. Der anliegende Bereich wurde als Kirchhof in Anspruch genommen. Aus dem hiesigen Gräberinventarium stammen charakteristische s-förmige Haarringe. Weitere Funde ähnlich datierter Skelettreste stammen aus der Kapitelgasse (Kapitulská) 15, Sattlergasse (Sedlárska) 2 und 6 sowie aus dem Franziskanerplatz (Františkánske námestie). Ab Winter 1987 bis zum Jahre 1993 wurde bei der Untersuchung des Hauptplatzes (Hlavné námestie) ein Begräbnisfeld aus dem 10.-11. Jh. mit 67 Gräbern freigelegt Seit dem Abschluss der systematischen Untersuchung wurden bisher bereits über 100 Gräber gefunden.
Aus dem Früh- und Hochmittelalter stammt eine Reihe anthropologischer Funde aus Theben (Devín). Die erste Probeforschung auf der dortigen Burg-Anhöhe wurde bereits im Jahre 1913 von Inocenc Ladislav Červinka geführt. In den Jahren 1921-1922 untersuchte er auf der Burg ein Begräbnisfeld aus dem 11. Jh.. In den Jahren 1980 bis 1987 wurden am Standort Theben-Burg (Devín – Hrad) weitere 203 Gräber aus dem 11.-12. Jh. freigelegt. Vermutlich handelt es sich hierbei um einen Bestandteil des bereits bei früheren Grabungen freigelegten Begräbnisfeldes. Auf dem Bestattungsfeld am Standort hinter der Kirche (Devín – Za kostolom), dessen Unterhorizont großmährischen Gräbern aus dem 9. Jh. angehörte, wurden 122 Gräber freigelegt.
Offenkundig war also das Gebiet der heutigen Stadt nicht wüst und öde, es scheint für die Vorfahren der heutigen Slowaken ein attraktiver Schauplatz für die Ansiedlung zu sein, und es ist für unsere Nachwelt äußerst interessant zu erfahren, wie die Menschen aus unserer Vorzeit etwa ausgesehen haben mögen. Physische Veränderungen von Menschen in den letzten Jahrtausenden werden Mikroevolution genannt: Schädel heutiger Menschen haben einen weniger hervorragenden Oberkiefer, das Gesicht ist vertikaler und ist nach hinten verschoben. Stirn und Schädeloberteil sind markanter, das Hirnteil kugelförmiger. Vereinfacht kann gesagt werden, dass in den letzten Jahrtausenden der Längen-Breiten-Index von Schädeln (LBI) immerfort langsam ansteigt, wobei es etwa im 13. Jh. zu einem rapiden Sprung kam: Damals wandelten sich die europäischen Populationen, welche sich bis dahin im Durchschnitt an der Grenze zwischen Dolichokranen (Langschädlern) und Mesokranen (Mittellangschädlern) befanden, in deutlich Brachykrane (Kurzschädler). Alsdann kam es ebenso zu einem markanten Rückgang der Durchschnittskörpergröße. Im Grunde sind heutigentags die Schädel kürzer und breiter als in der Vorzeit.
Am Anfang des Neolithikums lebten auf dem Gebiet der Slowakei erste Ackerbau betreibende Populationen der Linearbandkeramik, welche nach Mitteleuropa wahrscheinlich aus dem vorderen Osten vorrückten. Obwohl diese Populationen von anthropologischer Sicht aus homogen sind, wird es gegenwärtig ebenso auch auf manche robustere und heterogenere neolithische Gruppen hingewiesen, welche mesolithischen Nachfahren von Populationen aus dem Jungpaläolithikum ähneln. Im Äneolithikum (Kupfersteinzeit) bestanden in dieser Region zwei sehr deutliche Kulturgruppen (Schnurkeramikkultur und Glockenbecherkultur), die einigen Ansichten zufolge ethnisch fremde Elemente vorstellen. In der Frühbronzezeit dominiert in Mitteleuropa die Aunjetitzer-Kultur, deren Vertreter mit ihrem robusten Körperbau, Langschädel und Schmalgesicht an die Population von Trägern der Schnurkeramikkultur anschlossen. In der Mittel- und Spätbronzezeit, doch auch in der Früheisenzeit (Hallstattzeit) überwog in dieser Region der Brandbestattungsritus. Ab dem Neolithikum bis zur Bronzezeit nahm die Schädelbreite bei unveränderter Schädellänge an Größe zu. Während in der Römerzeit in Südwestregionen Europas die Schädellänge bei ihrer gleichzeitigen Breitezunahme zurückgeht, nahmen im Nordosten Europas die Werte des Schädelindexes lediglich durch die Schädelverkürzung zu. In der letzten Zeit kommt es jedoch zum Trend der sog. „Redolichocranation" – einer relativen Verlängerung der Schädel. Seit der Latènezeit sind die Populationen auf dem Gebiet der Westslowakei solchermaßen heterogen, dass ihre eindeutige Charakterisierung nicht möglich ist. Mikroevolutionäre Phänomene sind voraussichtlich durch einen Komplex von kausalen biologischen und Kulturfaktoren herbeigeführt – durch eine natürliche Auslese, biokulturelle Revolution, Populationsmigrationsprozesse, Epidemien, Urbanisierung sowie diverse klimatische, nutritive, geographische und populations-genetische Einflüsse.
Wie an die älteste Geschichte von Pressburg erinnert wurde
Elena Mannová
Die Quellen über das Gedenken im öffentlichen Raum sagen darüber aus, wer sich „symbolhaft" die Stadt angeeignet, ihre Geschichte abverlangt und geordneterweise Vorstellungen von „richtiger" Auslegung gewesener Ereignisse verbreitet hat. Zu den älteren Akteuren des offiziellen Gedenkens – zu den Repräsentanten der Stadt, des Staates, der Kirche etc. – sind im 19. Jh. Repräsentanten von Völkern und Nationen sowie Bürgergesellschaft hinzugekommen. Große Wertigkeit gewann der früheste geschichtliche Zeitabschnitt im 19. Jh., paradoxal in dem Zeitraum, als das Leben der Gesellschaft Modernisierung erfuhr. Auf die ältesten Zeiten beriefen sich einzelne Nationalmythologien, die beherzte, tapfere, kampfstarke, unverzagte und wackere Vorfahren und Vorgänger sowie die Epochen einstigen Ruhms, das sog. Goldene Zeitalter, rühmten.
Binnen dem 19. Jh. bildeten sich verschiedene „historische Hinterlassenschaften" heraus. Die Repräsentanten der deutsch, slowakisch und ungarisch sprechenden Einwohner von Pressburg hoben je ganz andere Erscheinungen aus den gewesenen Geschehnissen auf dem Stadtgebiet hervor oder sie haben sie unterschiedlich ausgedeutet. Als nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich 1867 die ungarisch-magyarischen Nationalisten angefangen haben, das Königreich Ungarn zu einem Nationalstaat der Magyaren „umzubauen", machten sie den Pressburger Bürgern Vorwürfe einer mangelhaften Vaterlandsliebe. In der Stadt allein entstand dabei kein deutscher „Nationalraum". Trotz intensiver Kontakte deutschsprachiger Pressburger mit deutschen Landen, wo die Nationalbewegung bereits ihren Höhepunkt erreichte, waren die Pressburger Deutschen bestrebt, „gute Ungarnbürger" zu sein. In ihren Strategien der Überdauerung haben sie nicht ihre Ethnizität bzw. ihre etwaigen germanischen Vorfahren, sondern ihre Loyalität der ungarischen politischen Nation und deren Geschichte gegenüber hervorgehoben. In der Stadt lebten desgleichen zahlreiche slowakische Einwohner. Obschon sich hierorts in den 1830er und 1840er Jahren ein Zentrum der slowakischen Nationalbewegung befunden hatte, traten die hiesigen Slowaken nicht als eine ethnische Gruppe in Erscheinung; hierzu kam es erst während der ersten Tschechisch-Slowakischen Republik nach 1918.
Mit der Demokratisierung und Politisierung des öffentlichen Lebens nach 1918 änderten sich die Akteure des Erinnerns. Die Initiativen kamen zwar auch weiterhin ebenso aus der Bürgergesellschaft heraus, doch zu den Hauptspielern auf diesem Spielfeld wurden nunmehr politische Parteien und insbesondere staatliche Behörden und Stadtverwaltung, die Kommune, immer mehr vom Staat reglementiert und kontrolliert. Die Rolle der Stadt als der Hauptstadt – zunächst der des Slowakischen Landes, einer Gebietsverwaltungseinheit im Tschechisch-slowakischen Staat (1928-1939), und später der des Slowakischen Staates (1939-1945) – schwächte die Position der Pressburger Kommunalselbstverwaltung bei der Inanspruchnahme des öffentlichen Raumes. Gedenkstätten in der Hauptstadt sollten nunmehr der „ganzen Slowakei" angehört haben und über ihre Instandsetzung und Sinnzuweisung wollte der Staat Entscheidungen treffen. Mit wandelnden politischen Regimen wechselten die Auslegungen der Stadtgeschichte ab und es aktualisierte sich die dazugehörige Mythologie. Derweil, während der Monarchie mithilfe und anhand der Ge-schichte eine „Zivilisationsmission" der Deutschen und Magyaren nachgewiesen worden sein wollte, sollten nach dem Ersten Weltkrieg die tschechisch-slowakischen („tschechoslowakischen") Ursprungswurzeln von Pressburg aufgezeigt werden. Kurze Zeit danach sollte wiederum ihr Slowakentum ausgewiesen werden; 1948, nach dem Jahr der kommunistischen Machtübernahme dementgegen revolutionäre Traditionen der Stadt und nach dem Umbruchsjahr 1989 ist die derzeitige Selbstverwaltung der Kommune bemüht, das Europatum und die Multikulturalität der Stadt vorzuzeigen. Seit den 1990er Jahren sind diese die Stadt betreffenden Erinnerungsvorgänge zunehmend in der Überführung aus dem Bereich der (Aus-)Formung von Gruppenidentitäten zu immer mehr Business begriffen.
Die Repräsentanten der jeweiligen Volksgruppen und Nationalbewegungen formten jeweils eigene, eigentümliche Nationalgeschichten und platzierten diese in einem konkreten Raum. Manchmal wurde ein Erinnerungsort zum Bestandteil gegenseitiger Nationalnarrationen, wie dies beispielhaft Theben (Devín) bekundet. Allen geschichtlichen und politischen Peripetien und Wandlungen zum Trotz bewahren sich grundlegende Erinnerungsorte oder -knoten. In unterschiedlichen Zeiträumen und Zusammenhängen sowie in verschiedener Intensität wurden abwechselnd die Kelten, Römer, Hunnen, Awaren, Slawen – vornehmlich Großmähren samt Konstantin-Kyrill und Method bzw. Zwentibald (Svätopluk) – wie auch die Entstehung von Ungarn mitsamt der vorausgehenden Herankunft der magyarischen Stämme, Arpad, den apostolischen Königen, der Stephanskrone („Heilige Krone") etc. im Gedächtnis bewahrt und wachgerufen. Einem Wandel unterlag nur ihre Instandsetzung und Sinnzuweisung, in der Regel mit dem angestrebten Ziel, das Zustandekommen und die Gegenwart des Nationaldaseins – des politischen Regimes oder einer gesellschaft-lichen Gruppe – zu begründen. Obschon das öffentliche Leben in der Stadt bis in das letzte Drittel des 19. Jhs. von den deutschsprachigen Ortseliten bestimmt wurde, spielten die „Germanen" keine wichtige Rolle im Gemeinschaftsgedächtnis der Stadt. Auch im Zeitraum der 1930er und frühen 1940er Jahre, als viele Pressburger Deutsche einer nationalsozialistischen Indoktrination unterlagen, beriefen sie sich nicht auf germanische Vorfahren, sondern auf eine Zivilisationsmission der mittelalterlichen deutschen Kolonisten. Eines Hunnen- und Awaren-Mythos bedienten sich im 19. Jh. Repräsentanten von Magyaren und Magyarentums, um ihre lange und beständige Präsenz im Karpatenbecken zu demonstrieren. Sie erklärten den Hunnenanführer Attila zu ihrem Urahn und Stammvater, welcher das Panonnien für sie noch vor der Ankunft der Slawen eingenommen haben soll. Magyarische Nationalthemen der Gemeinschaftserinnerung – Árpád, „Landnahme", der heilige Stephan und weitere apostolische Könige, wie auch der gesamte Kultus der „Heiligen Krone" – sind mit einem wechselvollen Komplex historischer, religiöser wie auch Rechtsaspekte verbunden. In der gleichen Zeit kam es zur Entfaltung der slowakischen Mythen über Großmähren, doch angesichts der nichtdominanten, untergeordneten Stellung der nichtmagyarischen Ethnien im großungarischen Staat hatten diese vor dem Wendejahr 1918 nur weniger Raum für Verbreitung im öffentlichen Leben in Anspruch nehmen können. Die Einwohner von Pressburg wurden von ihnen größerenteils erst nach der Entstehung der Tschechei-Slowakei beeinflusst bzw. erfasst. Zwei Grundlinien der Großmähren-Narrationen – eine Kyrill-und-Method-Tradition und eine ambivalentere Svetopluk’sche Tradition – gelangen in die Geschichtsnarration des slowakischen Volkes: zwar anhand älterer Erinnerungsrelikte, jedoch über lange Wege und Umwege sowie Unterbrechungen und Pausen.
Das Erinnern an die Zeitabschnitte vor dem 12. Jh. hatte diverse Formen. Das „Gedächtnis der Stadt" formte sich mithilfe von Memorialzeichen und -symbolen. Das bedeutsamste davon ist der Name – egal ob der eines Volkes, einer Stadt und deren Straßen, von Plätzen, Stadtvierteln oder einzelner Bauobjekte. Das offizielle Gemeinschaftserinnern koppelt sich immer an die Macht. Das Monopol auf dieselbe ist im Besitz des Staates und dessen Vertreter haben auf die Einwohner der Stadt immerfort auch im Bereich der Erinnerungskultur eine Einwirkung ausgeübt – durch die Staatsfeier- und Gedenktage, anhand von Abbildungen auf Münzen, Geldscheinen, Gedenkmünzen, Briefmarken sowie anhand einer Ideologie in politischen und wissenschaftlichen Vorsatzprogrammen. Vermöge öffentlicher Feierlichkeiten und Denkmalkultur griffen soziale Repräsentationen um sich – insbesondere die der Staatsnation. Nach dem Jahr 1961 kam auch eine (offizielle) Kategorie von Nationalkulturdenkmälern hinzu.
Auf ausgewählte Aspekte der Geschichte, welche die Gesellschaft legitimieren sollen, deuten feierliche Insignien des höchsten Vertreters der Stadt hin. Auf der ersten Amtskette des Bürgermeisters aus dem Jahr 1939 war als Zentralmotiv das mittelalterliche Stadtwappen. Als Pressburg im Jahre 1969 zur Hauptstadt der neu proklamierten Slowakischen Sozialistischen Republik, eines Teilstaates der sozialistischen Tschechoslowakei, wurde, sollte diese Bedeutung der Stadt nun eine neue Amtskette des Oberbürgermeisters zur Erscheinung bringen. Ihre 14 Medaillons (als Kettenglieder) stellten die bedeutsamsten Meilensteine in der Geschichte der Stadt und ihres Gebiets binnen zwei Jahrtausenden und deren Kulmination während des Sozialismus dar. Drei Thematische Darstellungen aus dem ältesten Zeitabschnitt der Geschichte erreichten ihre Darstellung auf den Medaillons: der Keltenfürst Biatec, ein römischer Wachturm und ein Slawenfürst vor einer kleinen Kirche auf der Burg Pressburg.
Gegenwärtig treten die Repräsentanten der Stadt und der Nation mit unterschiedlichen Gemeinschaftsvorstellungen über die Vergangenheit auf. Einem pluralistischen Erinnern der Stadtrepräsentationen gegenüber, welche geschichtliche Erfahrungen der Majorität sowie der Minoritäten berücksichtigen will, stehen Bestrebungen einiger Vertreter eines slowakischen Nationalismus um eine Zurück-drängung der Narrationen anderer Gemeinschaftsgruppen und um eine prominente Konturierung und Ausgestaltung des slowakischen Bratislava in der fernen Vergangenheit. Die Geschichtsschreibung kann eine Manipulierung mit der symbolhaften Geschichte nach jeder dramatischen Kehre des politischen Systems vorweisen. Sie kann allerdings schwer entblößen, wie sie von Leuten im Alltagsleben wahrgenommen wurde und wie sie deren Loyalitäten in Anspruch nahm und beeinflusste.
VON ALTERTUMSSAMMLUNGEN ZU PROFESSIONELLEN ERFORSCHUNGEN
Die Freilegung der ältesten Geschichte von Pressburg. Forschungen, Institutionen und Forscher
Magdaléna Pichlerová
Die ersten Erwähnungen über örtliche archäologische Denkmäler reichen ins 16. Jh. zurück und stehen in Verbindung mit Interessen humanistischer Gelehrter für antike Sehenswürdigkeiten (Wolfgang Lazius). Im 18. Jh. fanden antike Denkmäler aus dem heutigen Pressburger Stadtteil Karlburg (Rusovce) Eingang in die Beschreibungen bei Luigi Ferdinando de Marsigli, Richard Pococke und Jeremiah Milles. Auf denselben Zeitraum geht die Entstehung der ersten numismatischen Sammlungen zurück. Die älteste Geschichte von Pressburg (Bratislava) war Gegenstand der Beschäftigung der Mehrheit der Autoren von geographisch-historischen Beschreibungen des Ungarischen Königreiches (z. B. Matthias Bel oder Johann Matthias Korabinsky).
In der Barockzeit und später wurden die Römerdenkmäler zu einer willkommenen Dekoration adliger Innenausstattungen oder Außenseiten und Anlagen. Dies belegt auch das erste Lapidarium mit Beispielen römischer Steinbildhauerei, welches im Garten des Grafen Viczy untergebracht war. Auch der Pressburger Baumeister Ignaz Feigler besaß ein römisches Reliefwerk mit Abbildung von Neptun und Victoria, welches um 1892 in das städtische Museum von Pressburg gelangte.
Außer interessanten Steinartefakten und Münzen verblieben andere Artefakte ziemlich lange außerhalb der Aufmerksamkeit von Laiensammlern. Von den Zufallsfunden des 19. Jhs. blieben daher meistens nur die auf den ersten Blick interessanten Gegenstände erhalten, die in Privatsammlungen gerieten, und später gelangten sie in die Zentralmuseen und -sammlungen in Budapest, Wien oder Gran (Ostrihom – Esztergom). Dieses Schicksal erfuhren auch die Sammlung von Georg Rath und die Sammlung des italienischen Technikers und Kunstsammlers Enae Grazioso Lanfranconi (beide seit 1874 bzw. 1895 im Nationalmuseum in Budapest). Zu den letzten Funden, die noch vor dem Ersten Weltkrieg (1903) ins Museum in Budapest gerieten, gehören latènezeitliche Beinringe, gefunden im heutigen Stadtteil Ratzersdorf (Rača). Es gibt auch Berichte über vereinzelte Funde. So wurde beispielsweise eine keltische Biatec-Münze beim Straßenaushub in der Michaelergasse (Michalská ulica) gefunden – es erhielt sie im Jahre 1892 der Erzfürst Friedrich. Eine Bronzelanze geriet mittels des Antiquitätenhändlers Lemberg im Jahre 1831 in eine Privatsammlung in Erlau (Jáger – Eger). Römerfibeln, erschlossen 1892 in der Klarissergasse (Klariská ulica), landeten in einer anonymen Sammlung. Sammlungen von Antiquitäten verschafften sich auch Kirchenwürdenträger, die sie später dem städtischen Museum vermachtet haben, wie z. B. József Károly Dankó und Ferdinand (Nándor) Knauz.
Zur Rettung archäologischer Denkmäler auf dem Gebiet der heutigen Stadt haben auch die ersten einheimischen Institutionen einen Beitrag geleistet. Im Jahre 1856 entstand das Naturhistorische Museum. Sein Vorsteher war der Geologe und Zoologe Andreas Kornhuber, der Vizevorsitzende war der bedeutende örtliche Historiker und Archäologe Tivadar Ortvay. Im Jahre 1868 entstand das Museum der Stadt Pressburg – der Kurator war József Könyöki, mit Geburtsnamen Ellenbogen. Zu den bedeutsamsten, sich mit dem Museumswesen und der ältesten Stadtgeschichte beschäftigenden Persönlichkeiten gehören Flóris Rómer, geb. als Franz Rammer (später jedoch auch Flóris Römer, Florian Römer und Floridus genannt), und der erwähnte Theodor/Tivadar Ortvay.
Das Gebiet der heutigen Stadt Pressburg (Bratislava) gehörte in der damaligen Zeit in zwei Gespanschaften (Komitate): das Gebiet nordwärts der Donau gehörte zur Pressburger (Pressburger) Ge-spanschaft (slow. Prešporská / Bratislavská stolica, lateinisch comitatus Posoniensis), der rechtsufrige Teil der heutigen Stadt gehörte der Wieselburger Gespanschaft (slow. Mošonská stolica, lat. comitatus Mosoniensis) an. Die ersten archäologischen Ausgrabungen führte im transdanubischen Teil der heutigen Stadt Ágoston Sőtér auf. In Karlburg (Rusovce) legte er einige Römergräber frei sowie 40 Gräber aus dem Gründungszeitraum des ungarischen Königreichs. In Sarndorf (Čunovo) entdeckte er in den Jahren 1885-1894 mehrere römische Ansiedlungen, welche er jedoch aus Gründen der Ablehnung durch die Grundstücksbesitzer nicht weiter untersuchte.
Ein anderer, recht früh untersuchter Ort war Theben (Devín). Die erste Grabung hat 1912bereits Josef Zavadil begonnen, seit 1914 setzte diese Arbeit Inocenc Ladislav Červinka fort. Ihre Forschungen können als auf slawische Denkmäler orientiert bezeichnet werden. Nach der Entstehung der Tschechisch-Slowakischen Republik 1918 gehörte zu den ersten Institutionen die neugegründete Comenius-Universität zu Bratislava, an der ihren Platz auch die Archäologie gefunden hatte, welche dort Vojtěch Ondrouch studiert hat. Eine Geländearchäologie in der Stadt entfaltete sich jedoch nicht. Es ist ebenso auch nicht bekannt, wie viele Fundstätten zerstört und auch wie viele Denkmäler nach außerhalb des Gebiets der Slowakei verschleppt wurden. Beispielsweise allein in den Jahren 1921 und 1923 gewann ein Museum im schwedischen Göteborg Gegenstände aus der Bronzezeit (Äxte, ein Beitel und ein Sammelfund von zwölf Armringen) und der Römerzeit (kleine Bronzegegenstände, eine Eisenaxt und Pfeilspitzen) aus einem unbekannten Ort in Pressburg, unter ihnen waren auch ein Goldring und eine Perle. In dem gleichen Zeitraum kaufte das Nationalmuseum zu Prag eine Kollektion der Gegenstände aus Gold auf, den einzigen bisher bekannten Goldschatz aus Pressburg, datiert in die Spätrömerzeit.
Im Jahre 1924 entstand in Pressburg (Bratislava) das Slowakische Heimatmuseum, die Vor-gängerinstitution des heutigen Slowakischen Nationalmuseums. Zum Gründer der archäologischen Abteilung wurde Jan Eisner. In den Jahren 1926-1933 wurde von ihm auf dem Gelände einer früheren Sandgrube bei der Ziegelei in Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves) die erste systematische Untersuchung auf einem slawisch-awarischen Bestattungsfeld durchgeführt, eine weitere Untersuchung hat er in Theben (Devín) unternommen. 1932 wurde die Burgruine samt ihrer Umgebung vom tschechisch-slowakischen Staat abgekauft und 1935 übernommen. Die Forschung hierauf führte 1942-1943 Vojtěch Ondrouch, während in dieser Zeit Vojtech Budinský-Krička eine Römerstation in Stampfen (Stupava) freilegte. Um archäologische Sammlungen im Museum kümmerte sich Ľudmila Kraskovská. Südlich der Donau wurden zu jener Zeit Grabungen in Karlburg (Rusovce – Oroszvár) von Mitarbeitern des Budapester Nationalmuseums (Aladár Radnóti) gemacht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg führte die Forschungen des Slowakischen Nationalmuseums Ľudmila Kraskovská weiter, später in Karlburg (Rusovce) Magda Pichlerová u. A. Am Institut für Archäologie der Comenius-Universität wirkten extern Ján Dekan, Anton Točík und Štefan Janšák. 1956 tritt eine Universitätsdozentenstelle Bohuslav Novotný an. Die Hochschulpädagogen am Institut formten eine neue Generation von Archäologen, welche im Einklang mit Bedarfen der Industrialisierung des Staates Denkmäler und Kulturschätze retten sollten. Auf dem heutigen Freiheitsplatz (Námestie slobody) wurden latènezeitliche Töpferöfen freigelegt (Lev Zachar). Große Geländegrabungen rief der Umbau der Stadt hervor (westliche Vorburgsiedlung – Belo Polla, Rekonstruktion der Pressburger Burg – Tatiana Štefanovičová, Belo Polla und Andrej Fiala). Den Geländegrabungen auf der Burg Theben (Devín) widmeten sich nach Štefan Janšák, Ján Dekan und Ľudmila Kraskovská weiterhin Veronika Plachá, Jana Hlavicová, Igor Keller und gegenwärtig Katarína Harmadyová und Denisa Divileková. Neuere Untersuchungen in Karlburg (Rusovce) haben Michal Slivka, Ladislav Snopko, Vladimír Varsik, Jaroslava Schmidtová und Jitka Jezná unternommen. Zu den bedeutsamen Funden gehört die Freilegung einer Villa in Kaltenbrunn (Dúbravka) durch Titus Kolník und Kristián Elschek. In der Altstadt wurden bedeutsame Siedlungsspuren durch die Grabungen von Adrián Vallašek, Alfréd Piffl, Peter Baxa, Štefan Holčík, Lev Zachar, Margaréta Musilová, Branislav Lesák, Branislav Resutík u. A. zutage gebracht. Im Ostteil der Stadt forschten Etela Studeníková, Ivan Kuzma und Vladimír Mináč sowie Weitere.
Einer langjährlichen Forschung zum Trotz mangelte es allerdings an einer Synthese zur ältesten Geschichte des heutigen Pressburg (Bratislava). Eine kurze Darstellung lieferte Tivadar Ortvay (1882). Im Jahre 1934 erschien eine umfangreichere Darstellung Bratislava v době praveké a raně dějinné (Pressburg in der vor- und frühgeschichtlichen Zeit) von Jan Eisner. Den Charakter eines Gesamtüberblicks hat auch die erste archäologische Topographie der Stadt von 1991. Zur ersten wissenschaftlichen synthetischen Gesamtdarstellung der vor- und frühgeschichtlichen Geschichte des heutigen Pressburg (Bratislava) wurde erst das Werk Najstaršie dejiny Bratislavy (Die ältesten Geschichte von Pressburg) eines Autorenkollektivs unter der Führung von Tatiana Štefanovičová von 1993.
Die Luftbildarchäologie auf dem Gebiet des heutigen Pressburg
Ivan Kuzma
Das Haupt- und Grundprinzip der Luftbildarchäologie ist die Untersuchung der Landschaft aus der Höhe, bei der solche Formen in begreifliche Zusammenhänge gebracht werden können, die bei Betrachtung von der Erde aus zu groß sind, um zu einer Einheit in einem Bild zu verschmelzen. Das Ziel solcher Betrachtung der Luftbildarchäologie sind Unregelmäßigkeiten im Gelände. Sie können direkt auf bestimmte Objekte – wie z. B. erhalten gebliebene bzw. ausgepflügte Reste von Mauern, von Auffüllungen von Objekten und dergleichen – anhand auffallender Gelände- und Bodenmerkmale –hindeuten. Weitere direkte Indikatoren sind Schattenmerkmale über noch nicht ganz eingeebneten Fundstellen, wenn körperhafte Objekte (Erhebung des Hügelgrabs, Wälle u. dgl.) bei seitlichem Licht Schatten werfen, infolgedessen ihre Sichtung und Identifizierung möglich ist. Indirekte Merkmale im Unterschied zu diesen erwähnten zeigen die Objekte dementgegen infolge ihrer Eigenschaften mittelbar an, vermöge mehrerer Effekte. Hierher gehören in erster Linie Bewuchsmerkmale (Vegetationsanomalien), weiterhin Feuchte-, Schnee- und Reif-, Flut- und Trockenmerkmale.
Im Rahmen städtischer Ballungsräume sind Bedingungen für die (archäologische) Flugprospektion beträchtlich eingeschränkt, für Entdeckungen neuer Fundstätten oder -objekte verbleiben somit eigentlich lediglich am Rande liegende, landwirtschaftlich genutzte Gegenden. Auf dem Gebiet des heutigen Groß-Bratislava sind bei neuen Entdeckungen am reichhaltigsten die wohlhabenderen Stadtteile auf dem rechten Donauufer verteten, neuerdings auch der Bereich von Bischdorf (Podunajské Biskupice). Trotz dem beträchtlichen Ausmaß der Verbauung ist es gelungen, mehrere neue Besiedlungsbelege und -zusammenhänge in der Gemarkung von Karlburg (Rusovce), Kroatisch-Jahrndorf (Jarovce) und Sarndorf (Čunovo) zu ermitteln. An der Trassenführung der gebauten Autobahnstrecke D2 wurden zwei Landgüter mit Grundrissen von Anwesenbauten dokumentiert, bedeutsam ist ebenso die Erfassung des Verlaufs einer Römerstraße in der Gemarkung von Kroatisch-Jahrndorf (Jarovce), die die römischen Stützpunkte Gerulata und Carnuntum verband. Für den wichtigsten kann der Fund eines Gräberfeldes an der Straße aus Karlburg (Rusovce) nach Sarndoft (Čunovo) gehalten werden. Im Jahre 1996 wurde in der Ortslage „Pieskový hon" ein Bestattungsfeld mit über 100 Gräbern gefunden. Da in dieser Ortslage seit 2002 mit dem Aufbau von Familienhäusern be-gonnen werden sollte, hatten hierbei die Luftbildaufnahmen offenkundig einen Nachweis für den Bedarf an archäologischen Grabungen erbracht. Diese fanden in den Jahren 2002 bis 2003 statt und es wurden dabei über 160 Gräber aus der Völkerwanderungszeit untersucht.
Mehrere archäologische Fundstätten wurden auch in der Gemarkung von Bischdorf (Podunajské Biskupice) entdeckt. Es handelt sich um Standorte mit diversen Siedlungsobjekten. Im Jahre 2008 wurde durch unser Team hierorts eine umfangreiche Fundstätte dokumentiert, deren Deutung allerdings ziemlich verzwickt ist. Es fanden sich dort mehrere sichtbare Linien wie auch jede Menge an Objekten verschiedenen Charakters. Aufgrund von Parallellinien mit Unterbrechungen kann vielleicht das Bestehen eines zeitweiligen Römerlagers mit Ausmaßen von etwa 250 x 300m in Betracht kommen. Angesichts des Vorhandenseins regelmäßiger, rechteckiger Anhäufungen von Gruben gäbe es auch die Möglichkeit, dass sich hierauf ein untergegangenes mittelalterliches Dorf samt Einzäunung – eine Dorfwüstung – befindet, ähnlich wie eine Dorfwüstung namens „Želice" in der Gemarkung der Gemeinde Přísnotice in Südmähren. Einstweilen kann keine der Hypothesen ausgeschlossen werden, deren Überprüfung und Bestätigung anhand geophysikalischer Messungen ist weiterhin vonnöten. An einer anderen Stelle wurde eine Ringgrabenanlage mit einem Querschnitt von etwa 20 m und einer unregelmäßigen Struktur im Innenbereich entdeckt. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um ein Hügelgrab oder um ein Grab mit kreisförmig angelegter Umfassungsrinne, da sich in dessen Nähe auch weitere Bewuchsmerkmale befinden, welche auf Gräber hindeuten dürften.
Reichhaltigere Ergebnisse können im breiteren Umkreis von etwa 20km ab Pressburg ermittelt werden, wo bereits eine größere Menge archäologischer Standorte aufgetan und dokumentiert wurde, überwiegend ebenfalls polykultureller Art. Von den chronologisch genauer einzuordnenden Standorten sind hier vornehmlich Hügelgräberfelder aus der Hallstattzeit, ggf. aus der Spätbronzezeit aufzuführen. Sie befinden sich insbesondere im Westteil der Großen Schüttinsel, einige davon wurden in der Vergangenheit bereits untersucht. Indessen, genauere Anzahl von Hügelgräbern ist unbekannt, da die Mehrheit davon in der Landschaft nicht mehr sichtbar ist, und sie nur noch anhand einer Flugprospektion bestimmbar sind. Auf dem Hügelgräberfeld aus der Hallstattzeitin der heutigen Gemeinde Janíky(im Ortsteil Dolné Janíky), wo Etela Studeníková geforscht hat, wurden nebst den erhalten gebliebenen großen Hügelgräbern noch Spuren weiterer etwa 40 zerackerter, dem alten Wasserlaufbett folgender Hügelgräber erfasst. Vorwiegend ist von ihnen nur die kreisförmig angelegte Umfassungsrinne erhalten geblieben – im Falle von Bewuchsmerkmalen ist in der Mitte auch eine Grabgrube zu sehen – bzw. Grabgruben ohne Umfassungsrinne. Auch die Anzahl der Hügelgräberfelder ist gestiegen, da weitere zwei bis drei in den Gemarkungen der heutigen Gemeinde Dunajská Lužná sowie von Sommerein (Šamorín), Loipersdorf (Štvrtok na Ostrove) oder Groß-Magendorf (Zlaté Klasy) ermittelt wurden.
Von anderenmFundstättentypus sind die Standorte mit ermittelten Grundrissen von auf jeweiligen Dünen befindlichen Langhäusern, vorläufig datiert in das Neolithikum. Sie erscheinen besonders im Bereich der Kleinen Donau (Malý Dunaj) und von Schwarzwasser (Čierna voda), am westlichsten bisher in Feilendorf (Tomášov), Toron (Tureň), Groß-Magendorf (Zlaté Klasy), in „Hurbanova Ves" sowie in weiteren Gemeinden.
Weniger Fundstätten sind am Westrand des heutigen Pressburg (Bratislava) in Theben-Neudorf (Devínska Nová Ves), Kaltenbrunn (Dúbravka) und Bisternitz (Záhorská Bystrica) erfasst worden, überwiegend handelt es sich um nicht näher spezifizierte Objekte. Dementgegen im Bereich ostwärts unter den Karpaten, in Slowakisch-Eisgrub (Slovenský Grob) und Kroatisch-Eisgrub (Chorvátsky Grob) tauchen große Grubenformationen auf, welche zu den Rondellen (Ringgrabenanlagen) der Lengyel-Kultur gehören könnten.